H. Cornel; C. Ghanem; G. Kawamura-Reindl; I. R. Pruin (Hrsg.): Resozialisierung
Heinz Cornel; Christian Ghanem; Gabriele Kawamura-Reindl; Ineke Regina Pruin (Hrsg.): Resozialisierung. Handbuch für Studium, Wissenschaft und Praxis. 5., aktualisierte u. erw. Aufl. Baden-Baden: Nomos-Verl.-Ges. 2023. 663 S. (Nomos-Handbuch) ISBN 978-3-8487-8331-1, € 69,00
35 Autorinnen und Autoren stellen in der Neuauflage des Handbuchs in fünf Gebieten praxisorientierte interdisziplinäre Fachkenntnisse rund um die wichtigsten Strafzwecke des deutschen Strafverfahrens Resozialisierung, Erziehung und Sozialisation vor. Den Grundlagen folgen Erläuterungen zu den unterschiedlichen Verfahren und Maßnahmen bei jugendlichen und erwachsenen Verurteilten, die Behandlung verschiedener Zielgruppen und Problemlagen wie Drogenkonsum, (sexuelle) Gewalt oder Verschuldung, Wohnungs- und Arbeitslosigkeit; der letzte Teil stellt vertiefende Maßnahmen vom Täter-Opfer-Ausgleich bis zum Gnadenrecht dar. Aktuelle rechtliche Entwicklungen und kriminologische Erkenntnisse zeigen eine Vielzahl von möglichen Resozialisierungsmaßnahmen und Hilfeleistungen für straffällig gewordene Menschen auf. Die Neuauflage wurde erweitert durch Themen, die jedenfalls in der öffentlichen Debatte noch nicht so viel Raum einnehmen, dass sie den interessierten Ehrenamtlichen bekannt wären. Desistance lenkt den Blick nicht mehr auf die Frage „Wie entsteht Kriminalität?“, sondern „Wie wird eine kriminelle Karriere beendet?“. Das „Abstandnehmen“ von kriminellem Verhalten bedarf der Veränderung bestimmter sozialer Bedingungen des Straffälligen ebenso wie der Mobilisierung psychischer und sozialer Ressourcen, die widerstandsfähig gegen neue Versuchungen machen, daneben auch professionelle Unterstützung, die in bestimmten Bereichen durch ehrenamtliche Mitarbeiter geleistet werden kann. Restorative Justice strebt die Wiederherstellung des sozialen Friedens an und wird vor allem durch persönliche Begegnung oder Gruppengespräche von Betroffenen im Bereich der Gewaltkriminalität, durch Mediation und Täter-Opfer-Ausgleich erreicht. Basis dieses Konzepts ist die Annahme, dass Konflikte grundsätzlich verstehbar sind und durch Kommunikation verstanden werden können. Maßnahmen in diese Richtung könnten z. B. im Rahmen von Bewährungsauflagen, ggf. auch präventiv vor der Hauptverhandlung eingesetzt werden. Der neue Bereich „Wohnungslosigkeit“ richtet den Blick vor allem auf die Situation des entlassenen Strafgefangenen, dient aber auch als Anlass für gesetzwidriges Verhalten im Bereich der Armutskriminalität, z. B. dem Schwarzfahren. Kriminelle Karrieren können schon bei bloß ordnungswidrigem Verhalten wie dem unerlaubten Aufenthalt an bestimmten Orten im öffentlichen Raum beginnen und später in strafbares Verhalten münden. Das Handbuch ist nicht nur im professionellen Bereich der Sozialen Arbeit, den Erziehungs-, Rechts- und Sozialwissenschaften von Bedeutung, sondern bietet wertvolle Hinweise für die in Strafrechtspflege und Straffälligenhilfe tätigen Ehrenamtlichen. (hl)
Zitiervorschlag: Hasso Lieber, H. Cornel; C. Ghanem; G. Kawamura-Reindl; I. R. Pruin (Hrsg.): Resozialisierung [Rezension], in: LAIKOS Journal Online 2 (2024) Ausg. 4, S. 172.