×

P. Burow: Inside Strafjustiz

Beitrag als PDF-Version

Das „Auspacken“ des Amtsrichters besteht aus einer Reihe leidvoll erfahrener Unzulänglichkeiten seines Berufs, einer stattlichen Anzahl aus der Presse zusammengetragener Fälle, der Wiedergabe allfälliger Vorurteile aus der und gegen die Justiz und einer Reihe von Schilderungen, bei der man den Eindruck hat, der Ghostwriter habe nur flüchtig gearbeitet. Wie sonst erklärt man Passagen, dass der „Richterhammer“ (in Deutschland!) geschwungen wird, „um die Welt ein klein wenig besser und sicherer zu machen“ (S. 17), der Referendar „Angeklagte ausbellen und Plädoyers vor den Geschworenen halten“ darf (S. 30) und Senate (die es in Strafsachen nur beim OLG und BGH gibt) „mit mehreren Berufsrichtern und meistens auch mit Schöffen besetzt“ sind (S. 87). Der Platz einer Rezension reicht nicht aus, um die rein sachlichen Fehler in dem Buch aufzuzählen. Hinzu kommen Plattitüden von der Art, dass bei Schöffen das Bauchgefühl Akten- und Rechtskenntnisse ersetzt (S. 90); die Fähigkeit zu logischem Denken bleibt offenkundig nur den Juristen vorbehalten. Proberichter (bis zur Ernennung auf Lebenszeit, S. 31) zeichneten sich ebenso wie die Karrieristen (bis zur Selbstaufgabe, S. 33) durch devotes Verhalten gegenüber dem Präsidenten aus. Die Justiz ist veraltet – wer wollte dies bestreiten? Analytische Ansätze wie die mangelnde Digitalisierung (z. B. S. 255) kommen über das anekdotische Beklagen nicht hinaus und lassen die Widerstände gerade der Richter gegen inzwischen fast altbackene Technik wie die elektronische Akte oder die Video- und Audio-Protokollierung unerwähnt. Ohne jeden Zweifel: Von der Juristenausbildung über die Organisation bis zur Technik ist die Rechtspflege hoffnungslos hinter der Zeit. Wenn der Autor aber beklagt, dass der künftige Richter von zehn Jahren seiner Ausbildung „die ersten vier schlafend in der letzten Reihe des Hörsaals verbracht hat“ (S. 31), könnte man in der Schilderung autobiografische Züge vermuten. (hl)


Zitiervorschlag: Hasso Lieber, P. Burow: Inside Strafjustiz [Rezension], in: LAIKOS Journal Online 2 (2024) Ausg. 1, S. 54.

Über die Autoren

  • Hasso Lieber

    Geschäftsführender Gesellschafter PariJus gGmbH, Rechtsanwalt, Staatssekretär a. D., Generalsekretär European Network of Associations of Lay Judges, 1993–2017 Vorsitzender Bundesverband ehrenamtlicher Richterinnen und Richter e. V., 1989–2022, Heft 1 Redaktionsleitung „Richter ohne Robe“

    Alle Beiträge ansehen

Copyright © 2024 laikos.eu