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BGH: Ablehnung eines Schöffen wegen Besorgnis der Befangenheit

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Sachverhalt: An mehreren Hauptverhandlungstagen fiel ein Schöffe wegen geschlossener Augen auf, versicherte jedoch, dass er der Verhandlung gefolgt sei. Erst vor dem achten Verhandlungstag räumte er ein, evtl. doch nicht alles mitbekommen zu haben. Ein Medikament mache ihn schläfrig. Der Vorsitzende informierte die Verfahrensbeteiligten zwei Tage später und stellte anheim, den Schöffen abzulehnen, was aber nicht geschah. Nach weiteren elf Tagen setzte das Gericht den Schöffen ab, eine Ergänzungsschöffin trat ein. Nach Verurteilung begründete der Angeklagte die Revision mit der Verletzung der Wartepflicht beim Ausschluss des schläfrigen Schöffen (§ 29 Abs. 1 StPO) sowie den Entzug des gesetzlichen Richters (Art. 101 GG) durch die Ergänzungsschöffin. Der Senat wies die Revision hinsichtlich der Wartepflicht als unbegründet und die Rüge des Entzugs des gesetzlichen Richters als unzulässig zurück.

Gründe: Eine bloße Selbstanzeige (§ 30 StPO) löst keine Wartepflicht aus. Diese trifft nur den abgelehnten Richter. Ein Antrag auf Ablehnung ist trotz des Hinweises nicht gestellt worden. Die Unterscheidung zwischen den absoluten Ausschlussgründen (§§ 22, 23, 148a Abs. 2 Satz 1 StPO), die auch ohne Antrag zum Ausschluss des betroffenen Richters führen, und den Gründen, über die auf Antrag entschieden wird (§ 24 Abs. 2 StPO), wäre überflüssig, wenn ein abgelehnter Richter schon vor der Entscheidung über den Ausschluss kein gesetzlicher Richter mehr wäre. Der absolute Revisionsgrund der Mitwirkung eines befangenen Richters (§ 338 Nr. 3 StPO) setzt eine Ablehnung voraus. Die Entscheidung über eine bloße Selbstanzeige ist der Prüfung der Revisionsinstanz entzogen.
Die Rüge des willkürlichen Austausches des Schöffen und Entzuges des gesetzlichen Richters ist unzulässig, weil sie im Widerspruch zur ersten Rüge steht. Man kann nicht mit der einen Rüge behaupten, der Schöffe sei befangen und auszutauschen und mit der nächsten Rüge, er sei nicht befangen und nicht auszutauschen gewesen. Zudem ist in dem Verhalten des LG keine Willkür zu erkennen. Die Ablehnung des Schöffen hatte die Kammer mit für und gegen die Ablehnung sprechenden Umständen ausführlich dargelegt und nachvollziehbar begründet.

Link zum Volltext der Entscheidung


Zitiervorschlag: BGH: Ablehnung eines Schöffen wegen Besorgnis der Befangenheit, in: LAIKOS Journal Online 2 (2024) Ausg. 4, S. 160.

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