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SG Potsdam: Corona-Infektion als Arbeitsunfall

Bei der Prüfung zur Anerkennung einer Corona-Infektion als Arbeitsunfall kann das Gericht die Vorgaben der Deutschen Gesetzlichen Unfallversicherung (DGUV) zu deren Ursächlichkeit als Maßstab zugrunde legen.

Sachverhalt: Die Klägerin nahm als ehrenamtliche Richterin am 18.11.2020 an der ca. vierstündigen Sitzung der Kammer teil. Mit ihr verhandelten der Vorsitzende und eine weitere ehrenamtliche Beisitzerin (Zeugin Dr. L.) in einem etwa 10 bis 15 m2 großen Beratungszimmer ohne den Abstand von 1 ½ Metern. Es wurden Stoffmasken getragen. L. klagte über Kopfschmerzen und erkrankte ein paar Tage später an Covid-19. Fünf Tage nach der Sitzung bekam die Klägerin eine heftige Erkältung und musste mit dem Coronavirus in die Notaufnahme eingeliefert werden. Die gesetzliche Unfallversicherung weigerte sich, die Infektion als Arbeitsunfall anzuerkennen.
Das SG bejahte einen Arbeitsunfall nach § 8 Abs. 1 SGB VII. Danach ist in der Regel erforderlich, dass zwischen der Verrichtung des Verletzten zur Zeit des Unfalls und der versicherten Tätigkeit ein innerer bzw. sachlicher Zusammenhang besteht, die Verrichtung ursächlich für das Ereignis ist und dieses einen Gesundheitserstschaden verursacht hat. Das Gericht hat sich an den Vorgaben der DGUV – u. a. Unfallversicherungsträger der öffentlichen Hand – orientiert. Für die Anerkennung von Covid-19 als Arbeitsunfall muss danach ein intensiver Kontakt mit einer infektiösen Person zwischen zwei Tagen vor dem Auftreten der ersten Symptome bei der infektiösen Person und zehn Tagen nach Symptombeginn bei der infizierten Person stattgefunden haben. Der nach der Beweisaufnahme anzunehmende Symptombeginn bei der Zeugin Dr. L. spätestens am 20.11.2020 genügt den notwendigen zeitlichen Voraussetzungen für den Kontakt zwischen infizierter und Kontaktperson. Denn die fragliche Sitzung am 18.11.2020 hat zwei Tage vor dem Auftreten der ersten Symptome bei Dr. L. stattgefunden. Zwischen der Zeugin Dr. L. und der Klägerin hat ein intensiver persönlicher Kontakt bestanden. Sie saßen sich in umfangreichen Beratungen gegenüber. Es kann trotz eines gekippten Fensters von einer wahrscheinlich hohen Konzentration infektiöser Aerosole in dem Beratungszimmer ausgegangen werden. Damit sind die von der DGUV angenommenen Konstellationen für einen intensiven persönlichen Kontakt erfüllt. Eine möglicherweise konkurrierende Ansteckungsursache ist im Fall der Klägerin nicht ersichtlich.

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