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OVG Sachsen: Wahl der Vertrauenspersonen im Schöffenwahlausschuss

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§ 35 Abs. 3 Sächsische Gemeindeordnung (SächsGemO) garantiert den Mitgliedern des Gemeinderates ein freies Mandat, auch bei Wahlen. Das den Fraktionen eingeräumte Recht auf Mitwirkung bei Willensbildung und Entscheidungsfindung des Gemeinderates geht über ein Vorschlagsrecht und das Recht auf ein ordnungsgemäßes Wahlverfahren nicht hinaus. Die Wahl der Vertrauenspersonen muss weder die Stärke der Fraktionen berücksichtigen noch der Vielfalt der Bevölkerungsgruppen Rechnung tragen. Eine Überschreitung der zeitlichen Vorgaben der VwV Schöffenamt führt nicht zur Rechtswidrigkeit der Wahl der Vertrauenspersonen.

Sachverhalt: Die Antragstellerin (ASt.), eine Fraktion im Rat der Stadt Leipzig (Antragsgegner), wendet sich gegen die Wahl der Vertrauenspersonen für den Schöffenwahlausschuss (§ 40 GVG). Der Rat beschloss, dass jede der sechs Fraktionen eine der sieben Vertrauenspersonen stellt; die siebte wurde unter den beiden (gleich) stärksten Fraktionen ausgelost. Sechs Kandidaten erhielten im ersten Wahlgang die erforderlichen Stimmen. Der Kandidat (K) der ASt. wurde in zwei Wahlgängen nicht gewählt. Im dritten Wahlgang schlug die Fraktion Bündnis 90/Die Grünen einen Gegenkandidaten vor, wobei keiner der beiden Kandidaten die erforderliche Mehrheit erhielt. In der folgenden Ratssitzung schlug die ASt. erneut K vor. Stadträtin H der CDU-Fraktion schlug nun Ho vor. Im zweiten Wahlgang erhielt Ho 38 von 57 Stimmen. Die ASt. rügt, dass das Vorschlagsrecht nur ihr zustehe, zudem ohnehin nur Fraktionen, und Ho nicht von der CDU-Fraktion, sondern einem ihrer Mitglieder vorgeschlagen worden sei. Im Übrigen sei die Wahl rechtswidrig, weil sie nach dem 30.6.2023 – der Frist der „Verwaltungsvorschrift Schöffenamt“ – stattgefunden habe. Den einstweiligen Rechtsschutz hat das VG Leipzig zurückgewiesen. Die Beschwerde zum OVG hat keinen Erfolg.

Gründe: Der Stadtrat ist nicht verpflichtet, einen bestimmten Kandidaten der ASt. zur Vertrauensperson zu wählen. Das Recht der Fraktionen auf Mitwirkung ist durch § 40 Abs. 3 Satz 1 GVG beschränkt, der eine Wahl durch die Gemeindevertretung vorsieht. Für die Wahl garantiert § 35 Abs. 3 SächsGemO den Gemeinderäten ein freies Mandat. Der Beschluss zu „Vorschläge[n] für die Sitze der sieben Vertrauenspersonen“ ist gesetzeskonform so auszulegen, weil er sonst gegen die Garantie des freien Mandats verstieße. Überdies kann ein mit einfacher Mehrheit zu fassender Beschluss keine Bindungswirkung für die mit qualifizierter (Zwei-Drittel-)Mehrheit zu erfolgende Wahl der Vertrauensperson entfalten.
Für die Berücksichtigung der Stärke der Fraktionen gibt das Gesetz keinen Anhaltspunkt. Die Berücksichtigung der Vielfalt der Bevölkerungsgruppen sieht das GVG nur für die Vorschlagslisten und die Wahl der Schöffen selbst vor. Die Vertrauenspersonen haben lediglich die Aufgabe, diese repräsentative Teilhabe durch die Wahl der Schöffen sicherzustellen.
Ein Überschreiten der zeitlichen Vorgaben der VwV Schöffenamt führt nicht zur Rechtswidrigkeit der Wahl. Nach Nr. 17 d der VwV ist die Wahl der Vertrauenspersonen bis zum 30.6. des Wahljahres durchzuführen, die Namen der Vertrauenspersonen dem Amtsgericht bis zum 31.7. mitzuteilen. Nr. 17 d ist eine Ordnungsvorschrift, deren Missachtung keine Folge für die Rechtmäßigkeit der Wahl hat. Sie soll dem Schöffenwahlausschuss lediglich die rechtzeitige Wahl der Schöffen ermöglichen.

Besprechung: Hasso Lieber: Die Schöffenwahl 2023 im Lichte der Rechtsprechung, in dieser Ausg. S. 67.


Zitiervorschlag: OVG Sachsen: Wahl der Vertrauenspersonen im Schöffenwahlausschuss, in: LAIKOS Journal Online 2 (2024) Ausg. 2, S. 80-81.

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