Verabschiedete und nicht verabschiedete Gesetze
Zum Ende der Legislaturperiode des Deutschen Bundestages hat das Parlament im Bereich der Rechtspolitik noch etwas erledigt, einiges liegen gelassen. Ein kurzer Überblick mit Links zum Weiterlesen.
1. Verabschiedet: Stärkung der Resilienz des Bundesverfassungsgerichts
Das BVerfG soll gegen einfache Mehrheiten, die das Gericht instrumentalisieren wollen, geschützt werden. Zentrale Regeln, die im BVerfG-Gesetz geregelt und mit einfacher Mehrheit schnell geändert werden können, sind in das Grundgesetz übernommen worden, z. B. die Zahl der Senate und der Richter (damit nicht kurzfristig neue Spruchkörper und Richterstellen für „geneigtes“ Personal geschaffen werden kann), ebenso die Regeln zur Altersgrenze, Wiederwahl und Amtszeit, aber auch der Bindungswirkung der Entscheidungen des Gerichts. Änderungen bedürfen einer Zwei-Drittel-Mehrheit, damit breiter Zustimmung im parlamentarischen und politischen Spektrum.
Gesetz zur Änderung des Grundgesetzes (Artikel 93 und 94), verkündet am 20.12.2024, BGBl I 2024, Nr. 439, Permalink zum Gesetzgebungsvorgang.
2. Nicht verabschiedet: Gesetze, die das richterliche Ehrenamt betreffen
a. Verfassungstreue ehrenamtlicher Richter
Ehrenamtliche Richter unterliegen der Pflicht zur besonderen Verfassungstreue, da sie den hauptamtlichen Richtern in Erfüllung einer wesentlichen staatlichen Aufgabe gleichgestellt sind. Das BVerfG hat dies in mehreren Entscheidungen klargestellt (BVerfGE 55, S. 372, 391 f., BVerfGE 48, S. 300, 321; BVerfGE 39, S. 334, 346). Die Pflicht erstreckt sich auch auf Aktivitäten außerhalb des Ehrenamtes. Die Pflicht sollte in einem neuen Absatz 1 des § 44a DRiG ausdrücklich gesetzlich verankert werden. Als Selbstverständlichkeit wird dem Land nichts fehlen bis zur nächsten Legislaturperiode.
Entwurf eines Sechsten Gesetzes zur Änderung des Deutschen Richtergesetzes, BT-Drs. 20/8761 vom 11.10.2023, Permalink zum Gesetzgebungsvorgang.
Hasso Lieber, Verfassungstreue ehrenamtlicher Richter, in: LAIKOS Journal Online 2023, S. 71.
b. Anhebung der Altershöchstgrenze für Schöffen
Die AfD-BT-Fraktion hat die Anhebung der Altershöchstgrenze für das Schöffenamt auf 75 Jahre eingebracht und begründet dies mit der gestiegenen Lebenserwartung. Die Änderung ist marginal. Gegenwärtig darf ein Bewerber lediglich am Tag des Beginns der Amtszeit noch nicht 70 Jahre alt sein. Danach bleibt er Schöffe bis zum Ende der Amtszeit (d. h. max. dem 74. Lebensjahr). Der Gesetzentwurf sieht das Ausscheiden am 75. Geburtstag vor. Die Altersgrenze wird nicht angehoben, sondern nur Bewerber zugelassen, die im Jahr vor Beginn einer Amtsperiode 70 Jahre alt werden. Die Kontrolle der Altersgrenze und die Reduzierung der Schöffenzahl während der Amtszeit verursachen aber höheren Verwaltungsaufwand.
Heraufsetzung der Altershöchstgrenze für Schöffen; Gesetzentwurf der Fraktion der AfD, BT-Drs. 20/10188 vom 29.1.2024, Permalink zum Gesetzgebungsvorgang.
c. Hauptverhandlungsdokumentationsgesetz
In den erstinstanzlichen Hauptverhandlungen der Land- und Oberlandesgerichte werden keine Inhalts- sondern nur Förmlichkeitsprotokolle geführt. Mit dem neuen Gesetz sollte eine gesetzliche Grundlage für eine digitale Inhaltsdokumentation dieser Hauptverhandlungen geschaffen werden. Die Regelung würde sowohl die Kontrolle über die Richtigkeit der Urteilsgründe erhöhen als auch unterschiedliche Erinnerungen der Mitglieder des erkennenden Gerichts überprüfbar machen.
Entwurf eines Gesetzes zur digitalen Dokumentation der strafgerichtlichen Hauptverhandlung, Gesetzentwurf der Bundesregierung, BT-Drs. 20/8096 vom 23.8.2023, Permalink zum Gesetzgebungsvorgang.
Ursula Sens/Hasso Lieber, Streitpunkt Dokumentation der Hauptverhandlung, in: LAIKOS Journal Online 2024, S. 42-43.
Zitiervorschlag: Verabschiedete und nicht verabschiedete Gesetze, in: LAIKOS Journal Online 2 (2024) Ausg. 4, S. 157.