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Politik für das richterliche Ehrenamt?

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im Zusammenhang mit der Beteiligung der Zivilgesellschaft an der Rechtsprechung sind Literatur wie politische Programme voller Lobeshymnen ihrer Bedeutung – für die Rechtsprechung ebenso wie für die Demokratie. Warum trotzdem beständig die Präsenz der Ehrenamtlichen abgebaut und von neuen Möglichkeiten kein Gebrauch gemacht wird, bleibt meist unerwähnt.

Mit einer politischen Meisterleistung hat der Hessische Landtag den Umgang der Rechtspolitik mit dem richterlichen Ehrenamt deutlich gemacht. Die FDP-Fraktion hatte zur „Wahrung der Interessen ehrenamtlicher Richterinnen und Richter“ in einem Antrag die Landesregierung aufgefordert, gewählte Interessenvertretungen an den Gerichten zu ermöglichen, psychosoziale Betreuung für Schöffen zur Verfügung zu stellen sowie Fortbildungen, z. B. bei der Hessischen Justizakademie, anzubieten.1 Der Rechtspolitische Ausschuss empfahl dem Plenum mit den Stimmen von CDU, SPD und AfD, den Antrag abzulehnen. Dafür wurde ein Antrag von CDU und SPD beschlossen, der abstrakt Einsatz und Leistung der ehrenamtlich Tätigen in der hessischen Justiz von Ortsgerichten und ehrenamtlichen Richtern bis zu Schiedspersonen und Straffälligenhilfe würdigt. Zur Stärkung des Bewusstseins für Rechtsstaatlichkeit und Demokratie, von Justiz und Rechtsprechung sowie zur Resozialisierung als gesamtgesellschaftliche Aufgabe wurden blumige Worte verwendet.2 Konkrete Maßnahmen wie im FDP-Antrag wurden nicht vorgeschlagen. Diese würden nämlich Kosten verursachen. Und beim Geld hört die Freundschaft bekanntlich auf. Zudem kein Wort dazu, dass trotz der Lobeshymnen Hessen – wie alle anderen Bundesländer – von der Befugnis, durch Landesrecht dem Einzelrichter beim Finanzgericht zwei ehrenamtliche Richter beizuordnen, keinen Gebrauch gemacht hat. Vom Begriff der Sonntagsrede nehmen wir bewusst Abstand, weil man den für viele Gläubige „heiligen“ Sonntag nicht mit Scheinheiligkeit vergleichen sollte. CDU und SPD müssen zudem erklären, warum sie seit Jahrzehnten bundesrechtlich die Beteiligung ehrenamtlicher Richter abgebaut haben, wo sie nach dem Wortlaut dieser Entschließung doch so wichtig ist.

Neue Aufgaben kommen auf die ehrenamtlichen Arbeitsrichter zu. Der Beitrag von Dr. Stefan Müller zeigt Fragen auf, die durch das neue Konsumcannabisgesetz in arbeitsgerichtlichen Prozessen entstehen können. Und wie schon in der Analyse zur Schöffenwahl 2023 in der vorigen Ausgabe befürchtet, zeigen erste Erkenntnisse, dass die Zahl der benötigten Schöffen selbst bei steigender Zahl der Strafverfahren – zumindest regional – zu hoch angesetzt wurde. Hauptschöffen warten nach zehn Monaten im Amt noch auf einen Einsatz.

Dass wir bei bestimmten gesellschaftlichen Entwicklungen in Deutschland nicht allein sind, macht der Beitrag unserer italienischen Autorin Margherita Morelli deutlich. Gewalt in der Partnerschaft und insbesondere gegen Frauen sind ein internationales Problem. Unsere Übersetzungshilfe wird zumindest beim sprachlichen Verständnis behilflich sein.

Wir wünschen Erkenntnisgewinn beim Lesen

Hasso Lieber & Ursula Sens


  1. Drs. 21/1203 vom 17.10.2024 [Abruf: 20.12.2024]. ↩︎
  2. Drs. 21/1352 vom 19.11.2024 [Abruf: 20.12.2024]. ↩︎

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