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Hauptschöffen der Amtsperiode 2024 bis 2028 – Gesamtzahl und Anteile von Frauen und Männern

Von Hasso Lieber, Rechtsanwalt, PariJus

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Abstract
Der Beitrag analysiert die aktuelle Schöffenstatistik des Bundesamtes für Justiz, die über die Zahl der gewählten Hauptschöffen und die Anteile von Frauen und Männern in der Amtsperiode 2024 bis 2028 Auskunft gibt.

The article analyses the current lay judge statistics from the Federal Office of Justice, which provide information on the number of elected lay judges and the proportions of women and men in the 2024 to 2028 term of office.

a. Das Bundesamt für Justiz hat die Ergebnisse der Schöffenwahlen 2023 veröffentlicht.1 Nach der Entscheidung des Länderausschusses für Justizstatistik aus dem Jahr 1998 werden seit der Schöffenwahl 2000 nur noch die Daten der Hauptschöffen in den Erwachsenenspruchkörpern (Schöffengerichte, Strafkammern) und den Jugendspruchkörpern (Jugendschöffengerichte, Jugendkammern) erhoben. Zur Sozialstruktur der Gewählten liegen nur in geringem Umfang aussagekräftige statistische Daten vor, die sich auf die Repräsentanz von Frauen und Männern im Schöffenamt beschränken und dem politischen Gleichberechtigungsverständnis Rechnung tragen sollen.2 Inwieweit ein repräsentativer Querschnitt der Bevölkerung in der jeweiligen Gemeinde (§ 36 Abs. 2 GVG für die Aufstellung der Vorschlagsliste) und im Amts- bzw. Landgerichtsbezirk (§ 42 Abs. 2 GVG für die Wahl im Schöffenwahlausschuss) erreicht wird, sodass alle gesellschaftlichen Schichten „nach Geschlecht, Alter, Beruf und sozialer Stellung angemessen“ berücksichtigt werden, kann nur noch für das erste Kriterium der Geschlechtszugehörigkeit evaluiert werden.

b. Strukturelle Merkmale wie Alters- und Berufsstruktur schlagen sich in der Statistik nicht mehr nieder.3 Aufgrund der fehlenden Daten kann bei den Schöffenwahlen nicht mehr aktiv gegengesteuert werden. Wie sich die Beteiligung von Arbeitnehmern im Vergleich zu Selbstständigen, von öffentlich zu privat Beschäftigten oder in den einzelnen Altersgruppen verhält, wurde seit über 20 Jahren nicht mehr eruiert. Die Daten zu den Altersgruppen könnten Aufschluss über die Bereitschaft zur Übernahme des richterlichen Ehrenamtes geben. Vor den bis 2000 erhobenen Zahlen waren die unter 40-Jährigen deutlich zu gering vertreten. Ihre Unterrepräsentation – gemessen am Anteil in der Bevölkerung – lag regelmäßig um 20 %, teils deutlich darunter. Eine Zahlenreihe über mehrere Wahlen könnte ggf. Anhaltspunkte liefern, ob die Verlängerung der Amtszeit auf fünf Jahre seit der Schöffenwahl 2004 gerade Personen, die sich in einer wichtigen Orientierungsphase ihres Lebens befinden, daran hindert, ein anspruchsvolles Ehrenamt zu übernehmen. Weder die fehlenden Zahlen zum tatsächlichen Anteil dieser Altersgruppe noch die Würdigung ihrer Lebenssituation hat bei der Mobilisierung davon abgehalten, eine deutlich höhere Quote an „jungen“ Bewerbern zu fordern.

c. Die Schöffenstatistik beschränkt sich auf die Zahl der Hauptschöffen und gibt nicht die Zahl der Ersatzschöffen wieder. Diese wäre deshalb von Interesse, weil nach den Vorgaben der Justiz regional in einigen Gemeinden mehr Ersatz- als Hauptschöffen von den Kommunen vorzuschlagen und den Schöffenwahlausschüssen zu wählen waren. Dies ergibt sich aus der nach der Wahl durchgeführten repräsentativen Befragung.4 Für die Schöffenwahlen 2019 bis 2023 war der Anteil der – damals noch – Hilfsschöffen auf ca. 23.000 Personen geschätzt worden.5

Hauptschöffen nach Spruchkörpern20192024
Landgerichte – Strafkammern16.86318.029
Amtsgerichte – Schöffengerichte 9.95810.656
Erwachsenenspruchkörper insgesamt26.82128.685
Landgerichte – Jugendkammern 3.945 4.180
Amtsgerichte – Jugendschöffengerichte 7.644 7.753
Jugendspruchkörper insgesamt11.58911.933
Insgesamt38.41040.618
Tabelle 1  Quelle: Bundesamt für Justiz; eigene Darstellung

Die statistische Erhebung weist bei dieser Schöffenwahl insgesamt 40.618 Hauptschöffen aus (Tabelle 3). Gegenüber der Schöffenwahl 2019 mit insgesamt 38.410 Hauptschöffen ist dies ein Zuwachs von über 2.200 Schöffen.6
Der Anstieg von 5,8 % im Vergleich zu 2019 ist vor allem auf die Schöffen in den Erwachsenengerichten mit +1.864 Personen zurückzuführen, davon mit 1.166 Personen vor allem bei den Strafkammern der Landgerichte. Die Zahl der Verfahren bei den Strafkammern ist aber von 2018 bis 2023 kontinuierlich zurückgegangen, sodass der Anstieg der Schöffenzahlen damit nicht begründet werden kann. Eine längere Dauer von Verfahren kann ebenfalls nicht ursächlich sein, da für jedes Verfahren unabhängig von seiner Dauer zwei Schöffen (in Umfangsverfahren ggf. ein oder zwei Ergänzungsschöffen) benötigt werden.

Entwicklung der erledigten Strafverfahren 2018 bis 2023
Spruchkörper201820192020202120222023
LG Strafkammern40.43739.27835.39135.91933.01234.636
AG Schöffengerichte38.07239.49339.15340.30936.66339.141
LG Jugendkammern 4.950 4.697 4.445 4.279 3.577 3.748
AG Jugendschöffengerichte36.24838.26435.98932.96129.05330.383
Tabelle 2  Quelle: Statistisches Bundesamt, GENESIS-Online, Strafgerichte 2023, EVAS-Nummer 24221, Stand: 25.7.2024; eigene Darstellung

Das einzige soziologische Merkmal, das statistisch erfasst wird, ist die geschlechtsspezifische Präsenz im Schöffenamt. Unter Gleichheitsaspekten sind bei dieser Wahl die bislang besten Werte erzielt worden. In den Schöffengerichten sind Frauen mit 49,94 % nur noch leicht unterrepräsentiert, in den Jugendschöffengerichten mit 50,07 % leicht überrepräsentiert. In den Strafkammern beträgt der Anteil der Frauen 48,12 %, in den Jugendkammern 50,33 %. Legt man nicht die 50:50-Verteilung, sondern den jeweiligen Anteil an der Bevölkerung zugrunde, ergibt sich bei den Erwachsenenspruchkörpern der Amtsgerichte eine Abweichung von 0,15 %, bei denen der Landgerichte von 1,67 % jeweils zugunsten der männlichen Schöffen. Insgesamt resultiert daraus eine statistische Abweichung gegenüber der Bevölkerungsstruktur von exakt einem Prozent, mit dem Männer überrepräsentiert sind (Tabelle 4). Damit hat sich die Geschlechtsstruktur der Schöffen im Vergleich mit der Bevölkerungsstruktur seit 1975 von +/-31,60 % auf +/-1 % verändert. Ob die Einbeziehung der Ersatzschöffen an diesem Bild etwas ändert, lässt sich mangels Daten nicht beurteilen.

Nach wie vor bestehen – teils erhebliche – Unterschiede zwischen den einzelnen Bundesländern. Den höchsten Frauenanteil bei den Schöffengerichten hat Sachsen-Anhalt mit 54,66 %, den niedrigsten Rheinland-Pfalz mit 43,83 %. Die beiden Länder nahmen auch nach den Schöffenwahlen 2018 die Flügelpositionen ein, allerdings mit einem Verhältnis von 44,15 % zu 59,15 %.7 Bei den Jugendschöffengerichten beträgt der Frauenanteil 50,07 %, wobei Rheinland-Pfalz mit 50,31 % jetzt den höchsten Anteil hat. In absoluten Zahlen bedeutet dies bei den Amtsgerichten mit insgesamt 18.409 Hauptschöffen, dass bei den Frauen exakt eine Person weniger das Schöffenamt innehat als bei den Männern.

Die Landgerichte vermitteln ein etwas anderes Bild mit einem Anteil von 48,12 % der Frauen in den Strafkammern sowie 50,33 % in den Jugendkammern. In absoluten Zahlen ausgedrückt sind damit bei den Landgerichten bundesweit 649 weniger Schöffinnen als Schöffen im Einsatz. In der Gesamtbetrachtung haben alle ostdeutschen Länder (incl. Berlin) einen Frauenanteil von über 50 %, alle westdeutschen Länder von unter 50 %, wenn auch großteils marginal mit weniger als 0,5 Prozentpunkten. Ein genaues Bild vermittelt die Tabelle 6 mit der Übersicht der Schöffenzahlen nach Bundesländern. Die großen regionalen Unterschiede zwischen west- und ostdeutschen Ländern haben sich damit weiter nivelliert.

Ehrenamtliche Richterinnen und Richter zum 1. Januar 2024
Geschlechtsstruktur – Erwachsenen- und Jugendspruchkörper insgesamt
SpruchkörperHauptschöffen
insgesamt
davon
MännerFrauen
Erwachsenenspruchkörper
Landgerichte – Strafkammern18.0299.3538.676
Amtsgerichte – Schöffengerichte10.6565.3345.322
Gesamt28.68514.68713.998
Gesamt in %100,0051,2048,80
Jugendspruchkörper
Landgerichte – Jugendkammern4.1802.0762.104
Amtsgerichte – Jugendschöffengerichte7.7533.8713.882
Gesamt11.9335.9475.986
Gesamt in %100,0049,8450,16
Insgesamt40.61820.63419.984
Insgesamt in %100,0050,8049,20
Tabelle 3 Quelle: Bundesamt für Justiz, Stand: 23.9.2024 [Abruf: 14.11.2024].

Zwischen den einzelnen Bundesländern liegen in der Entwicklung der Schöffenzahlen von 2019 auf 2024 erhebliche Unterschiede.

  • Im Saarland sind in 2024 in allen vier Kategorien der Spruchkörper – damit auch in der Gesamtsumme – die Schöffenzahlen stabil geblieben; ebenso im Bereich einzelner Spruchkörper in Brandenburg (Schöffengericht, Jugendkammer), Bremen (Schöffengericht, Jugendschöffengericht, Jugendkammer) sowie Schleswig-Holstein (Jugendkammer).
  • Annähernd gleiche Werte, d. h. einen Anstieg von weniger als zehn Personen in jedem der vier Bereiche von Spruchkörpern, haben bei den Schöffengerichten Bayern (+4) und Rheinland-Pfalz (+3), beim Jugendschöffengericht Bayern (+2) und Hamburg (+2) sowie bei der Jugendkammer Bremen (+ 4), Hessen (+6) und Sachsen (+6).
  • In den Spruchkörpern einiger Bundesländer ist die Zahl von Schöffen gesunken, so bei den Schöffengerichten in Berlin (-45) und Sachsen-Anhalt (-13) sowie den Jugendschöffengerichten in Berlin (-36), Brandenburg (-26), Mecklenburg-Vorpommern (-18), Rheinland-Pfalz (-6) und Sachsen-Anhalt (-32). Die Zahl der Schöffen in den Strafkammern sinkt in Mecklenburg-Vorpommern (-7), Niedersachsen (-116) und Sachsen (-6). In den Jugendkammern verzeichnen die Länder Mecklenburg-Vorpommern (-19) und Niedersachsen (-15) einen Rückgang.
  • In der Summe der Schöffen aller Spruchkörper reduziert sich deren Zahl nur in Brandenburg (-1) und Mecklenburg-Vorpommern (-24).

Das bedeutet im Umkehrschluss, dass sich in einigen Ländern die Zahl der Hauptschöffen überproportional erhöht hat. Den größten Zuwachs aller Schöffen verzeichnen in absoluten Zahlen Baden-Württemberg mit 396 zusätzlichen Schöffen und Niedersachsen mit 357 Schöffen. Prozentual führen die Stadtstaaten Bremen (+38,1 %), Hamburg (17,5 %) und Berlin (+12,8 %) vor den Flächenländern Thüringen (+10,6 %), Baden-Württemberg (10,5 %) und Niedersachsen (10,2 %). Der Zuwachs aller anderen Länder liegt (in Schleswig-Holstein und Hessen nur knapp) unter 10 %.
Legt man den Gesamtanstieg der Schöffenzahlen von 5,8 % bundesweit zugrunde, liegen neun Bundesländer über diesem Wert und sieben darunter. Bemerkenswert ist dabei, dass die beiden bevölkerungsreichsten Länder Bayern (+3,5 %) und Nordrhein-Westfalen (+1,1 %) – zusammen mit Sachsen-Anhalt (+1,5 %) – den in Relation geringsten Zuwachs haben.


Zitiervorschlag: Hasso Lieber, Hauptschöffen der Amtsperiode 2024 bis 2028 – Gesamtzahl und Anteile von Frauen und Männern, in: LAIKOS Journal Online 2 (2024) Ausg. 3, S. 116-120.

  1. Tabelle 3: Ehrenamtliche Richterinnen und Richter zum 1. Januar 2024, Geschlechtsstruktur – Erwachsenen- und Jugendspruchkörper insgesamt, Stand: 23.9.2024 [Abruf: 14.11.2024]; Tabellen 4 und 5 wurden vom Bundesamt für Justiz zur Verfügung gestellt.[]
  2. Frühere Analysen siehe jeweils Hasso Lieber, für die Amtszeit 1989 bis 1992: RohR 1990, S. 74–78 und 1991, S. 5–7; 1993 bis 1996: RohR 1995, S. 4–6 und 54–56; 1997 bis 2000: RohR 1999, S. 75–81; 2001 bis 2004: RohR 2002, S. 3–10; 2005 bis 2008: RohR 2006, S. 9–12; 2009 bis 2013: RohR 2011, S. 3–6; 2014 bis 2018: RohR 2015, S. 49–52; 2019 bis 2023: RohR 2020, S. 3–7.[]
  3. Letzte Erhebung zur Schöffenwahl 1996: Hasso Lieber, Die Struktur der Schöffen der Amtsperiode 1997 bis 2000 nach Geschlecht, Alter und Beruf, RohR 1999, S. 75.[]
  4. Hasso Lieber, Analyse der Schöffenwahl 2023 anhand einer repräsentativen Umfrage, in dieser Ausgabe S. 100, 110.[]
  5. Hasso Lieber, Die Ergebnisse der Schöffenwahlen für die Amtszeit 2019 bis 2023, RohR 2020, S. 3.[]
  6. Lieber (Fn. 5), S. 5.[]
  7. Lieber (Fn. 5), S. 7.[]

Über die Autoren

  • Hasso Lieber

    Geschäftsführender Gesellschafter PariJus gGmbH, Rechtsanwalt, Staatssekretär a. D., Generalsekretär European Network of Associations of Lay Judges, 1993–2017 Vorsitzender Bundesverband ehrenamtlicher Richterinnen und Richter e. V., 1989–2022, Heft 1 Redaktionsleitung „Richter ohne Robe“

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