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T. Trappe (Hrsg.): Verwaltung – Ethik – Menschenrechte

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Herausgeber und Autoren verfolgen mit dem Buch eine Aufgabe, die in ihrer Komplexität, teilweisen Widersprüchlichkeit in diesem Umfang zwar dargestellt werden, mit endgültigen Lösungsvorschlägen aber kaum versehen werden kann – die Entwicklung einer Ethik der öffentlichen Verwaltung, insbesondere innerhalb der Polizei als Vollzugsorgan des staatlichen Gewaltmonopols. Die damit verbundenen Probleme wirft der Herausgeber in seinem einleitenden Beitrag mit beispielhaften Fragen auf. Anlass ist die COVID-Pandemie, die in vielerlei Hinsicht die ethischen Konflikte deutlich gemacht hat. Wie weit reicht die Verpflichtung, menschliches Leben zu schützen, wenn dies nur unter substanzieller Einschränkung anderer, individueller wie gemeinschaftlicher Rechte möglich ist? Kann man die Würde von Menschen gegen volkswirtschaftliche Schäden, Bevorzugung jüngerer gegen ältere Menschen in Stellung bringen? Als Orientierungsmaßstab zieht Trappe einen zweistufigen Gemeinwohlbegriff heran, der einen substanziellen Kern mit existenznotwendigen Gütern der Daseinsvorsorge enthält und zugleich freiheitlichen wie demokratischen Anforderungen gerecht werden kann. Daraus werden im Beitrag von Schröder-Bläck Herausforderungen kristallisiert, die ebenfalls während der Pandemie in der Praxis an Schärfe gewonnen haben. Das Schadensprinzip gebietet, Einschränkungen der Handlungsfreiheit nicht zu Gunsten eines Störers, sondern nur zu Gunsten der Rechte Dritter vorzunehmen. Das Prinzip der Autonomie will auf Zwang verzichten und auf Freiwilligkeit und Verantwortung des Einzelnen setzen. Solidarität, Reziprozität und vor allem öffentliches Vertrauen sind Komponenten, die im Zusammenhang mit Polizeiarbeit viel diskutiert werden. In einem weiteren Beitrag setzt sich Pappe mit der Führungsethik innerhalb der Exekutive auseinander, die vor den Verführungen und dem Missbrauch von Macht schützen soll. Ein Element der polizeilichen Ethik-Debatte verbindet sich mit dem Begriff der sog. Noble-Cause-Corruption, womit Normbrüche bezeichnet werden, mit denen Polizeibeamte in dramatischen Situationen nach Gerechtigkeit streben. Als Beispiel wird hier der Fall Gäfgen herangezogen, in dem ein Polizeibeamter unter Androhung von Schmerzen das Versteck eines entführten Jungen vom Täter erfahren wollte. Der Band endet mit einer Abhandlung über die Gefahren rechtswidriger Terrorismusbekämpfung durch Haft, Folter und gezielten Tötungen. Herausgeber und Autoren verstehen die Sammlung als Möglichkeit, die Frage der Verwaltungsethik in den Lehrplänen für die Ausbildung zu etablieren. Die forschende Wissenschaft ist in Zusammenarbeit mit der Praxis gefordert, hieraus einen stimmigen Ethik-Kodex zu entwickeln. Dem entspricht die Initiative des Europäischen Netzwerks ENALJ, einen Katalog ethischer Verhaltensweisen für ehrenamtliche Richter zu erarbeiten. Der Ansatz einer Ethik im Gewaltmonopol ist die Frage, wie auf Unrecht reagiert werden soll. Wie die Polizei stehen auch Gerichte häufig der Forderung von außen gegenüber, „hart und konsequent durchzugreifen“, also der Gewalt mit Gewalt (wenn auch nicht unmittelbar körperlicher) zu begegnen. Hierzu gibt die Sammlung eine Reihe von Denkanstößen. (hl)


Zitiervorschlag: Hasso Lieber, T. Trappe (Hrsg.): Verwaltung – Ethik – Menschenrechte [Rezension], in: LAIKOS Journal Online 2 (2024) Ausg. 2, S. 88.

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