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OVG Bremen: Amtsentbindung eines Lehrbeauftragten als ehrenamtlicher Richter

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Ehrenamtliche Richter, die eine Ernennungsvoraussetzung nicht erfüllen, bleiben bis zu ihrer Entbindung im Amt und sind bis dahin nach Maßgabe der Geschäftsverteilung heranzuziehen. Im Falle eines ehrenamtlichen Richters, der auf Honorarbasis an einer Hochschule tätig ist, leidet dessen Berufung nicht an einem schwerwiegenden und offensichtlichen Fehler.

Sachverhalt: Der Kläger beantragt Prozesskostenhilfe für die Zulassung der Berufung, wobei er u. a. rügt, dass ein ehrenamtlicher Richter – Dozent auf Honorarbasis an der Hochschule Bremen – nicht an der Entscheidung des VG habe mitwirken dürfen. Der Antrag des Klägers hat keinen Erfolg.

Gründe: Aus § 22 Nr. 3 VwGO folgt, dass Beamte und Angestellte im öffentlichen Dienst, soweit sie nicht ehrenamtlich tätig sind, nicht zu ehrenamtlichen Richten berufen werden können. Ehrenamtliche Richter, die diese Voraussetzung nicht erfüllen, bleiben indes bis zu ihrer Entbindung im Amt und müssen bis dahin nach Maßgabe der Geschäftsverteilung herangezogen werden. Es läge selbst dann kein zur Zulassung der Berufung führender Besetzungsmangel vor, wenn die vom Kläger angeführte Tätigkeit als Lehrbeauftragter an der Hochschule Bremen den Tatbestand des § 22 Nr. 3 VwGO erfüllen würde. Der betroffene ehrenamtliche Richter war zum Zeitpunkt des Erlasses des anzugreifenden Urteils nicht von seinen Pflichten entbunden und somit zur Entscheidung in der Sache gesetzlich berufen. Daran ändert sich auch nichts dadurch, dass der Kläger vorgetragen hat, er hätte in Kenntnis der Tätigkeit einen Befangenheitsantrag gestellt.
Ansonsten könnte der vom Kläger behauptete Verstoß nur zur vorschriftswidrigen Besetzung des Gerichts führen, wenn die Wahl des Richters nichtig gewesen wäre. Dies kann angenommen werden, wenn ein besonders schwerwiegender Fehler vorliegt, der bei verständiger Würdigung aller in Betracht kommenden Umstände offenkundig ist. Davon kann hier keine Rede sein. Bei einem Lehrauftrag handelt es sich um ein öffentlich-rechtliches Dienstverhältnis sui generis, das den selbstständigen Tätigkeiten zuzuordnen ist, wenn der Auftrag durch eine einseitige Maßnahme der Hochschule erteilt wird. Dies ist in Bremen der Fall. Der betroffene ehrenamtliche Richter ist damit jedenfalls kein Beamter im Sinne von § 22 Nr. 3 VwGO, da es insoweit auf die Verleihung eines Amtes im statusrechtlichen Sinne ankommt. Dass er als Angestellter im Sinne des § 22 Nr. 3 VwGO anzusehen ist, ist weder offenkundig, noch kann seine Tätigkeit einen besonders schwerwiegenden Fehler begründen. Der Angestelltenbegriff in § 22 Nr. 3 VwGO ist nicht weit auszulegen. Bei der Beurteilung ist darauf abzustellen, ob der Betreffende ein besonderes Näheverhältnis zu einem öffentlichen Dienstherrn aufweist, sodass sein Handeln aus Sicht des Rechtsschutz suchenden Bürgers typischerweise als Äußerung der Verwaltung aufgefasst werden muss. Es können daher Personen zu ehrenamtlichen Richtern berufen werden, die in einem Beschäftigungsverhältnis zu einer Körperschaft des öffentlichen Rechts stehen. Bei dem Honorar-Lehrauftrag kann nicht ohne Weiteres von einem die Angestellteneigenschaft begründenden Näheverhältnis zur Anstellungskörperschaft ausgegangen werden. Ein offenkundiger Besetzungsfehler liegt daher nicht vor. Unabhängig davon wäre vor dem Hintergrund der konkreten Beschäftigung des Richters und des Umstandes, dass § 22 Nr. 3 VwGO der Berufung von bei öffentlich-rechtlichen Körperschaften beschäftigten Personen nicht generell entgegensteht, auch kein besonders schwerer Rechtsverstoß gegeben.


Zitiervorschlag: OVG Bremen: Amtsentbindung eines Lehrbeauftragten als ehrenamtlicher Richter, in: LAIKOS Journal Online 2 (2024) Ausg. 2, S. 79-80.

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