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VG Düsseldorf: Zugang zu öffentlichen Ämtern

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Verzichtet die Gemeindevertretung darauf, die für die Willensbildung maßgeblichen Erwägungen bei der Aufstellung der Vorschlagsliste darzulegen, führt dies noch nicht zur Fehlerhaftigkeit der Entscheidung. Das Gericht ist aber nicht gehindert zu prüfen, ob die Vertretung von einem richtigen Sachverhalt ausgegangen ist, die Feststellungen den Beschluss rechtfertigen können oder unsachgemäße bzw. willkürliche Erwägungen angestellt worden sind.

Sachverhalt: Die Antragstellerin (ASt.) macht im einstweiligen Rechtsschutz geltend, zu Unrecht nicht in die Vorschlagsliste ihrer Gemeinde aufgenommen worden zu sein. Ratsmitglied O. hatte Bedenken zu ihrer Eignung geäußert, da sie in der Vergangenheit das Amt einer Schiedsfrau nach ihrer Wahl wieder abgegeben habe. Nach Diskussion wurde die Aufnahme in die Vorschlagsliste mehrheitlich abgelehnt. Die ASt. rügt die Verknüpfung des Amtes als Schiedsfrau mit der Aufnahme in die Vorschlagsliste als Schöffin. Dem Rat stehe eine Entscheidung über die Eignung für das Amt als Schöffin in diesem Sinne nicht zu. Die Behauptung des O. entspreche zudem nicht der Realität.

Gründe: Die Auswahlentscheidung verletzt das aus Art. 33 Abs. 2 GG resultierende Recht der ASt. auf ermessensfehlerfreie Entscheidung über ihre Bewerbung für das Amt einer Schöffin. Unter Bindung an die aus dieser Norm folgenden Vorgaben sind der Vertretungskörperschaft der Kreise und kreisfreien Städte bei der Entscheidung über die Aufnahme in die Vorschlagsliste für Schöffen (§ 36 GVG) Ermessens-, Beurteilungs- und Prognosespielräume eröffnet, die eine von den Gerichten nicht ersetzbare Entscheidungskompetenz begründen. Die gerichtliche Kontrolle der Auswahlentscheidungen beschränkt sich grundsätzlich darauf, ob der anzuwendende Rechtsbegriff verkannt, von einem zutreffenden Sachverhalt ausgegangen wurde, allgemeingültige Wertmaßstäbe außer Acht gelassen, sachwidrige Erwägungen angestellt oder die Verfahrensvorschriften beachtet worden sind. Verzichtet die Vertretung darauf, die für ihre Willensbildung maßgeblichen Erwägungen darzulegen, hat dies nicht die Fehlerhaftigkeit ihrer Entscheidung zur Folge. Die Vorschriften über die Nichtöffentlichkeit der Sitzung schließen aus, dass die Mitglieder der Vertretungskörperschaft ihr Votum und ihre Motive für das Abstimmungsverhalten unmittelbar oder mittelbar offenbaren. Der zulässige Verzicht auf eine Begründung hindert das Gericht indes nicht zu prüfen, ob von einem richtigen Sachverhalt ausgegangen ist, die Feststellungen unter Berücksichtigung der Entscheidungsspielräume den Beschluss rechtfertigen können und unsachgemäße oder willkürliche Erwägungen angestellt worden sind.
Es sprechen gewichtige Anhaltspunkte dafür, dass der Beschluss auf sachwidrigen Erwägungen beruht, die ihn als willkürlich erscheinen lassen. §§ 31 bis 35 GVG statuieren die Anforderungen an das Schöffenamt mit dem Ziel, ungeeignete Schöffen zu vermeiden und solche von der Aufstellung auszusparen, die nicht berufen werden sollen, weil sie eine Belastung für eine zügige und wirkungsvolle Strafrechtspflege darstellen. Soweit darüber hinaus ein eigener Entscheidungsspielraum eröffnet ist, welche Bewerber in die Vorschlagsliste aufgenommen werden, liegen hier Anhaltspunkte vor, dass der Entscheidung, die ASt. nicht in die Vorschlagsliste aufzunehmen, unsachgemäße bzw. willkürliche Erwägungen zugrunde lagen.
Die vom Rat beschlossene Nichtaufnahme ist in Anknüpfung an die vorgebliche Aufgabe des Amtes als Schiedsfrau erfolgt. Ausweislich der Niederschrift der Ratssitzung sind seitens des O. Bedenken an der Eignung der ASt. für das Amt als Schöffin mit eben dieser Bezugnahme auf ihr Amt als Schiedsfrau geäußert worden. Im Rat bestand darüber Diskussionsbedarf. Der Niederschrift lässt sich nicht entnehmen, dass weitere Gründe, die einer Aufnahme der ASt. entgegenstehen könnten, zur Sprache gekommen wären. Der Abstimmung liegen daher mit hinreichender Wahrscheinlichkeit sachwidrige Erwägungen zugrunde. Ein Sachzusammenhang zwischen der – vorgeblich aufgegebenen – Tätigkeit als Schiedsfrau und der Eignung als Schöffin ist insgesamt nicht erkennbar.

Besprechung: Hasso Lieber: Die Schöffenwahl 2023 im Lichte der Rechtsprechung, in dieser Ausg. S. 67.


Zitiervorschlag: VG Düsseldorf: Zugang zu öffentlichen Ämtern, in: LAIKOS Journal Online 2 (2024) Ausg. 2, S. 81-82.

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