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Entschädigung im richterlichen Ehrenamt

Von Hasso Lieber, Rechtsanwalt, PariJus gGmbH

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Abstract
Ehrenamtliche Richter erhalten eine Entschädigung für den zeitlichen und sächlichen Aufwand, der mit ihrer Dienstleistung bei Gericht im Zusammenhang steht. Versicherungs- und steuerrechtliche Konsequenzen sind ebenfalls zu berücksichtigen. Der Beitrag gibt einen Überblick über die verschiedenen Arten der Entschädigung sowie Hinweise zur Vermeidung von Nachteilen.

Lay and honorary judges receive compensation for the time and material expenses associated with their service in court. Insurance and tax consequences must also be taken into account. This article provides an overview of the various types of compensation and tips on how to avoid disadvantages.

Das Justizvergütungs- und -entschädigungsgesetz (JVEG) sieht verschiedene Arten der Entschädigung vor: für den zeitlichen Aufwand, Einkommenseinbußen (incl. fiktive für die Haushaltsführung), Fahrtkosten und besonderen Aufwand (insbesondere für eine Vertretung oder Begleitperson). Die Regeln gelten für die ehrenamtlichen Richter aller Gerichtsbarkeiten mit Ausnahme der Handelsrichter. Ehrenamtliche Richter der Dienst- und Berufsgerichte unterfallen den Regeln des JVEG nur, wenn landesrechtliche Vorschriften darauf verweisen. Auch die Vertrauenspersonen in den Wahlausschüssen für Schöffen und ehrenamtliche Richter der Verwaltungs- und Finanzgerichtsbarkeit sind in die Entschädigung einbezogen.
Für Handelsrichter besteht die besondere Entschädigungsregel des § 107 GVG. Da die Vorschrift nur auf § 5 JVEG, nicht aber auf § 15 JVEG verweist, erhalten Handelsrichter keine Entschädigung für Verdienstausfall oder Zeitversäumnis, sondern nur für Fahrt- und ggf. Übernachtungskosten.

Anlass zur Entschädigung bietet regelmäßig die Heranziehung zur mündlichen bzw. Hauptverhandlung. Für Einführungs- und Fortbildungsveranstaltungen (incl. Informationsbesuch einer Justizvollzugsanstalt durch Schöffen) gilt das JVEG, soweit die ehrenamtlichen Richter von der zuständigen staatlichen Stelle hierzu herangezogen werden. Zwar sind ehrenamtliche Richter weder zur Teilnahme an Einführungs- oder Fortbildungsveranstaltungen verpflichtet; die Regelung der Erstattung in § 15 Abs. 3 Nr. 1 JVEG ist aber dahin auszulegen, dass die Einladung zu einer von der Justiz veranlassten Fortbildung eine Heranziehung ist, weil sonst die Bestimmung leerlaufen würde.1 Für private Fortbildungsveranstaltungen (z. B. bei einer VHS) besteht kein Erstattungsanspruch. Erforderlich ist eine Einladung oder Anordnung des Gerichts; das Auslegen eines Flyers über Fortbildungsangebote von (externen) Bildungseinrichtungen ist noch keine Heranziehung. Soweit es sich um eine gerichtliche Veranstaltung handelt, gelten die Entschädigungsregeln in vollem Umfang. Bedient sich die Justiz privater Bildungseinrichtungen, ist die Teilnahmegebühr als sonstige Aufwendung zu erstatten (§ 7 Abs. 1 Satz 1 JVEG).2

Der Zeitaufwand wird für alle Entschädigungsarten für die gesamte Dauer berechnet, die der Einsatz bei Gericht in Anspruch nimmt, vom Verlassen der Wohnung bzw. des Arbeitsplatzes bis zum Zeitpunkt der Rückkehr, maximal jedoch 10 Std./Tag. Privat veranlasste Umwege, um z. B. das Kind aus der Kita abzuholen, werden nicht mitgerechnet. Die angebrochene letzte Stunde am Tag wird auf die volle Stunde aufgerundet (§ 15 Abs. 2 JVEG). Bei einer mehrtägigen Hauptverhandlung ist die Aufrundung für jeden Sitzungstag gesondert vorzunehmen.
Arbeitnehmern, denen bei einer täglichen Arbeitszeit von mehr als sechs Stunden nach § 4 Satz 3 Arbeitszeitgesetz (ArbZG) eine unbezahlte Pause von mindestens 30 Minuten am Tag zusteht, haben in dieser Zeit keinen Verdienstausfall, folglich auch keinen Erstattungsanspruch. Das bedeutet nicht, dass generell die Zeit einer Mittagspause bei Gericht nicht in die zu erstattende Zeit eingerechnet wird, sondern nur die im Betrieb nicht zur Arbeitszeit gehörende Pause.

Entschädigt werden auch evtl. Vorbereitungszeiten (z. B. in Strafsachen für ein Selbstleseverfahren, vorheriges Aktenstudium in der Arbeitsgerichtsbarkeit) sowie nach der Sitzung durchgeführte Besprechungen oder Beratungen. Ist es aus betrieblichen Gründen nicht möglich, dass ein Arbeitnehmer vor oder nach der Sitzung die Arbeit (wieder) aufnimmt, gilt auch diese Zeit als entschädigungspflichtig versäumt. Vorbereitungszeit in diesem Sinne ist auch die Zeit, die ein Schichtarbeiter die Nachtschicht vorzeitig beenden muss, um ausgeruht zur Verhandlung zu erscheinen. Wird ein ehrenamtlicher Richter für den gesamten Tag freigestellt und beträgt die regelmäßige Arbeitszeit acht Stunden, sind für den Verdienstausfall diese in Ansatz zu bringen, auch wenn die Verhandlung länger gedauert hat.

Fällt die Sitzung auf den Tag eines bereits genehmigten Erholungsurlaubs, besteht weder ein Anspruch auf Entschädigung eines Verdienstausfalls gegen die Justizkasse noch auf Nachurlaub oder Unterbrechung des Urlaubs gegen den Arbeitgeber bzw. Dienstherrn. Dasselbe gilt, wenn Zeit aus einem Überstundenkonto für den Gerichtseinsatz verwendet wird.3 Andererseits muss sich kein Arbeitnehmer darauf einlassen, für jeden Sitzungstag einen Tag seines Jahresurlaubs einzusetzen oder unbezahlten Urlaub zu nehmen.

§ 16 JVEG gewährt unterschiedslos allen ehrenamtlichen Richtern – ob berufstätig oder nicht – eine Entschädigung in Höhe von 7,00 €/Std. für den mit der Teilnahme an der Verhandlung verbundenen Zeitaufwand. Die Entschädigung für Zeitversäumnis wird zusätzlich zu allen anderen Entschädigungen gezahlt.

Nicht (in Vollzeit) beschäftigte ehrenamtliche Richter, die einen eigenen Haushalt für mehrere (mindestens zwei) Personen führen, erhalten eine Entschädigung für Nachteile bei der Haushaltsführung in Höhe von 17,00 €/Std (§ 17 JVEG). Das Gesetz verlangt eine Haushaltsgemeinschaft mit der weiteren Person. Sind in einem Haushalt mehrere Personen als ehrenamtliche Richter tätig, steht diese Entschädigung nur der Person zu, die tatsächlich den Haushalt führt. Teilen sich mehrere Personen die Haushaltsführung, ist diejenige anspruchsberechtigt, die den Haushalt überwiegend führt. Ist ein Haushaltsangehöriger nicht erwerbstätig, ein anderer voll- oder teilzeitbeschäftigt, wird vermutet, dass der nichterwerbstätige den Haushalt führt. Diese Vermutung ist widerlegbar, z. B. wenn der Nichterwerbstätige aufgrund einer Behinderung zur Haushaltsführung nicht in der Lage ist. Eine Erhöhung der Entschädigung für Nachteile bei der Haushaltsführung entsprechend § 18 Satz 2 und 3 JVEG bei häufiger oder umfangreicher Heranziehung findet nicht statt.

Personen mit sog. Erwerbsersatzeinkommen sind einem erwerbstätigen ehrenamtlichen Richter gleichgestellt und haben deshalb im Umfang der Voll- oder Teilzeitbeschäftigung keinen Anspruch auf eine Entschädigung für Haushaltsführung (§ 17 Satz 2 JVEG). In diese Kategorie des Erwerbsersatzes fallen z. B. Arbeitslosengeld, Kranken(tage)geld, Krankengeld der Sozialen Entschädigung, Mutterschaftsgeld, Insolvenzgeld, Übergangsgeld, Verletztengeld und (Saison-)Kurzarbeitergeld. Reine Entschädigungsleistungen oder Leistungen, die allein aufgrund von Bedürftigkeit gezahlt werden (z. B. Sozialhilfe, Bürgergeld), zählen nicht zum Erwerbsersatzeinkommen.

Wer eine Erwerbsminderungsrente bezieht, weil er infolge von Krankheit oder Unfall nicht mehr in der Lage ist, mehr als sechs Stunden am Tag zu arbeiten, aber den Haushalt führt, ist von dem Anspruch nach § 17 JVEG nicht ausgeschlossen. Diese Person steht einem Teilzeitbeschäftigten gleich, wobei die Höhe der Erwerbsminderung der (fiktiven) Teilzeitbeschäftigung entspricht. Die Rente als Äquivalent eines Teiles der Arbeitskraft (Erwerbsminderung) schließt weder nach Wortlaut noch Regelungszweck des § 17 Satz 2 JVEG die Entschädigung vollständig aus.4

Entschädigung für Verdienstausfall nach § 18 JVEG setzt den tatsächlichen Verlust von Einkommen voraus. Keinen Verdienstausfall erleiden Personen mit Anspruch auf Fortzahlung des Einkommens, Empfänger von Bürgergeld und Grundsicherung für Arbeitsuchende, Pensionäre bzw. Rentner und selbstverständlich Nichtberufstätige. Dürfen zu Sozialleistungen bestimmte Summen ohne Anrechnung hinzuverdient werden, wird deren Ausfall erstattet, wenn die Tätigkeit regelmäßig ausgeübt wird und der ehrenamtliche Richter ihr aufgrund des Einsatzes nicht nachgehen kann. Die Entschädigung wird für den nachgewiesenen Verdienstausfall gewährt, der die Obergrenze der Entschädigung darstellt.

Berechnet wird der Verdienstausfall nach dem „regelmäßigen“ Bruttoverdienst, d. h. der auf eine Stunde berechneten Vergütung unter Einbeziehung der Sozialabgaben, bei Arbeitnehmern einschließlich der Arbeitgeberanteile zur Sozialversicherung. Bei der Berechnung des Stundensatzes ist ein 13., ggf. 14. Monatsgehalt zu berücksichtigen.5 Voraussetzung für die Erstattung ist eine tatsächliche Minderung des Einkommens durch den Einsatz als ehrenamtlicher Richter; fiktive Einkommensverluste werden nicht erstattet.6 Nebeneinkünfte werden nur dann erstattet, wenn es sich um regelmäßige Einkünfte handelt, die durch den Sitzungsdienst verlorengehen.

Die Höhe der Erstattung des Verdienstausfalls ist für die Dauer einer durchschnittlichen Verhandlung auf höchstens 29,00 €/Std. begrenzt (§ 18 Satz 1 JVEG). Bei großen Belastungen durch erhöhten Einsatz in Umfangsverfahren wird die Höchstgrenze angehoben. Bis zu 55,00 €/Std. werden gemäß § 18 Satz 2 JVEG erstattet, wenn der ehrenamtliche Richter

  • innerhalb von 30 Tagen an mindestens sechs Tagen in einem oder mehreren Verfahren seiner regelmäßigen Erwerbstätigkeit entzogen oder
  • in einem Verfahren an mehr als 20 Tagen herangezogen wird.

Auf bis zu 73,00 €/Std. erhöht sich die Grenze gemäß § 18 Satz 3 JVEG, wenn der ehrenamtliche Richter in einem Verfahren zu insgesamt mehr als 50 Sitzungstagen herangezogen wird.
Die Erhöhung der Erstattung tritt ab dem ersten Sitzungstag ein, d. h. der erhöhte Betrag ist rückwirkend für alle Sitzungstage zu gewähren, wenn nur an einem Tag die Voraussetzungen für eine Erhöhung nach § 18 Satz 2 und 3 JVEG vorliegen.7 Werden die 20 oder 50 Sitzungstage in verschiedenen Verfahren abgeleistet, bleibt es bei dem Ausgangsrahmen von 24,00 €, soweit nicht ein anderes Kriterium (z. B. der 6-Tage-Rhythmus) greift.
Zur Klarstellung: Es bleibt bei der Erstattung des tatsächlichen Verdienstausfalls, nur dessen Rahmen wird erhöht. Werden die Voraussetzungen für den erhöhten Verdienstausfall erreicht, ist die Entschädigung von Amts wegen ohne Antrag auf dieser Basis zu berechnen.

Nach § 45 Abs. 1a Satz 2 Deutsches Richtergesetz (DRiG) haben ehrenamtliche Richter in einem Arbeits- oder Dienstverhältnis für die Zeit ihrer Amtstätigkeit einen Anspruch auf Freistellung gegen den Arbeitgeber bzw. Dienstherrn. Die Zeit, die dafür in Anspruch genommen wird, ist dem Arbeitszeitkonto als „entschuldigt“ gutzuschreiben und zu vergüten. Ein Arbeitnehmer verliert den Anspruch auf die Vergütung in seinem Beruf nicht, wenn er für eine „verhältnismäßig nicht erhebliche Zeit“ durch einen in seiner Person liegenden Grund ohne sein Verschulden an der Dienstleistung verhindert ist (§ 616 Satz 1 BGB). Diese Vorschrift wendet die Rechtsprechung auch auf die Abwesenheit eines Arbeitnehmers wegen seines Einsatzes bei Gericht an.8 Das bedeutet, dass der Arbeitgeber Lohn oder Gehalt des ehrenamtlichen Richters um den Verdienst für die Dauer der Abwesenheitszeit kürzen kann, sodass dieser den Verdienstausfall beim Gericht geltend machen kann. Der Entschädigungsanspruch nach JVEG ist allerdings gegenüber dem Anspruch gegen den Arbeitgeber vorrangig. Erst wenn eine Differenz verbleibt, ist der Arbeitgeber zur Zahlung des Unterschiedsbetrages verpflichtet.

§ 616 BGB ist jedoch sog. nachgiebiges Recht, d. h. seine Geltung kann durch Arbeits- oder Tarifvertrag ausgeschlossen werden. Dies ist weit verbreitet der Fall. Dann ist die Differenz vom Arbeitnehmer zu tragen. Dies hält die Rechtsprechung in gewissen Grenzen für zumutbar. Zur Vereinfachung des Verfahrens kann der ehrenamtliche Richter in diesem Fall mit seinem Arbeitgeber die Fortzahlung der Bezüge vereinbaren und den Anspruch auf Erstattung des Verdienstausfalls an ihn abtreten. Die Abtretung muss dem Gericht angezeigt werden. Der Arbeitgeber erhält den Verdienstausfall direkt von der Justizkasse erstattet. Der ehrenamtliche Richter bekommt dann lediglich die Entschädigung für Zeitversäumnis (7,00 €/Std.) und die Fahrtkosten erstattet, auf die der Arbeitgeber keinen Anspruch hat, weil diese Entschädigung seine konkreten Aufwendungen ersetzen.

Ein Problem entsteht bei ehrenamtlichen Richtern, die in gleitender Arbeitszeit tätig sind. Nach der Rechtsprechung des BAG ist die Zeit, die der ehrenamtliche Richter bei Gericht verbringt und die nicht in die Kernarbeitszeit fällt, keine Arbeitszeit, die als „entschuldigt versäumt“ zu betrachten ist. Der ehrenamtliche Richter müsse seine Arbeit so gestalten, dass er für die Zeit bei Gericht Gleitzeit in Anspruch nehme. In dieser Zeit erwirbt der Arbeitnehmer keinen Vergütungsanspruch, dessen Verlust von der Justiz zu entschädigen wäre. Die bei Gericht verbrachte Zeit ist mangels Gutschrift in der Zeiterfassung vor- oder nachzuarbeiten. Die fortschreitende Entwicklung der Arbeitszeitgestaltung bringt weitere Probleme mit sich, etwa die flexible, die Vertrauensarbeitszeit oder die Arbeit im Homeoffice, die eine Arbeitszeitgestaltung ohne jede Kernzeit mit Präsenzpflicht an der Arbeitsstelle ermöglichen. Erst wenn die Inanspruchnahme durch die staatsbürgerliche Pflicht einen Umfang erreicht, der es dem Arbeitnehmer unmöglich macht, die Arbeitsleistung in dem von der Arbeitszeitregelung eingeräumten – oder nach dem Arbeitszeitgesetz zulässigen – Rahmen nachzuholen, ist der Arbeitgeber zur Vergütungszahlung bzw. Gewährung eines Stundenausgleichs für die nicht nachzuholende Arbeitszeit verpflichtet.9

Bei Beamten besteht nach den Sonderurlaubsverordnungen des Bundes (§ 5 Nr. 3 SUrlV) sowie der meisten Länder (z. B. § 25 Abs. 2 Freistellungs- und Urlaubsverordnung NRW) ein Anspruch auf bezahlten Sonderurlaub für die Tätigkeit als ehrenamtlicher Richter. Soweit dies nicht der Fall ist, wird ein Beamter wie ein Tarifbeschäftigter in Gleitzeit behandelt. Allerdings hat das BVerwG bei Beamten die aufzuopfernde (d. h. im Arbeitszeitkonto nicht anrechenbare) Zeit durch die Heranziehung auf drei Stunden pro Woche limitiert. Die Zeiten als ehrenamtlicher Richter, die während der Gleitzeit angefallen sind, sind demnach als entschuldigt versäumte Zeit dem Arbeitszeitkonto gutzuschreiben, wenn sie mehr als drei Stunden pro Kalenderwoche betragen.10 Nach der verwaltungsgerichtlichen Rechtsprechung gilt dies auch für andere flexible Arbeitszeitmodelle.11

Der Anspruch auf Erstattung von Verdienstausfall steht auch Selbstständigen und Freiberuflern unter der Voraussetzung zu, dass sie während ihrer regelmäßigen Arbeitszeit herangezogen werden und dies mit einem Einkommensverlust verbunden ist. Bei selbstständigen ehrenamtlichen Richtern, die eine Verdienstausfallbescheinigung einreichen und durch Gehaltsabrechnung und Nachweis der Krankenversicherung ergänzt haben (z. B. eine geschäftsführende Gesellschafterin, die einen Angestelltenvertrag mit ihrer Gesellschaft hat), kann der Verdienstausfall konkret berechnet werden, sodass es auf die Dauer der Heranziehung am jeweiligen Sitzungstag ankommt. Lässt sich ein tatsächlicher Verdienstausfall nicht beziffern, ist er zu schätzen. Als Maßstab für die Höhe kann der Verdienst eines in vergleichbarer Stellung tätigen abhängig Beschäftigten (z. B. Handwerksmeister als Betriebsleiter) herangezogen werden. Die Entschädigung der Selbstständigen unterliegt den Höchstgrenzen der §§ 15, 18 JVEG. Es besteht aber die Möglichkeit, Erstattung für eine notwendige Vertretung zu erhalten (§ 7 Abs. 1 Satz 2 JVEG). Diese ist in vollem Umfang zu ersetzen, da § 15 JVEG keine Begrenzung vorsieht. Sind die Vertretungskosten deutlich höher als die Entschädigungssätze für den Verdienstausfall, sollte das Gericht vorher informiert werden.

Abhängig Beschäftigte legen zum Nachweis des Verdienstausfalls eine Bescheinigung ihres Arbeitgebers vor. Lohnbestandteile wie Auslösungen und Zuschläge sowie die Arbeitgeberanteile zur Sozialversicherung sind ausgewiesen. In der Regel reicht es aus, die Grundlagen für den Verdienstausfall (z. B. die Höhe des Stundensatzes) einmal mitzuteilen und nur bei Veränderungen einen neuen Nachweis vorzulegen.12 Bei Selbstständigen reicht in der Regel aus, dass der behauptete Verdienstausfall wahrscheinlich und die Höhe ggf. zu schätzen ist. Die Höchstgrenzen können in fast allen Fällen unterstellt werden. Erscheinen die Angaben über Erwerbstätigkeit oder Verdienst unwahrscheinlich, kann die Glaubhaftmachung (§ 294 ZPO) oder ein Nachweis verlangt werden.13 Die Steuererklärung eines selbstständigen ehrenamtlichen Richters wird in der Praxis wenig aussagekräftig sein, da der zu versteuernde Betrag regelmäßig nicht das Bruttoeinkommen dieses Steuerpflichtigen darstellt.

Wird das Arbeitsentgelt eines versicherungspflichtigen Arbeitnehmers infolge seines richterlichen Ehrenamtes gemindert, gilt gemäß § 163 Abs. 3 SGB VI der Differenzbetrag zwischen dem tatsächlichen Entgelt und dem ohne die Tätigkeit zu beanspruchenden bis zur Beitragsbemessungsgrenze als Arbeitseinkommen (sog. Unterschiedsbetrag). Der ehrenamtliche Richter kann bei seinem Arbeitgeber beantragen, dass dieser den Beitrag zur Rentenversicherung unter Einschluss dieses Unterschiedsbeitrages abführt. Der Antrag ist Voraussetzung für dieses Verfahren und kann nur für laufende und künftige Lohnabrechnungen gestellt werden. Er gilt, solange er nicht widerrufen wird, für die gesamte Dauer der Beschäftigung. Der Antrag sollte vorsorglich zu Beginn der Amtszeit beim Arbeitgeber gestellt werden.

Teilzeitbeschäftigt sind nach § 2 Teilzeit- und Befristungsgesetz (TzBfG) Personen, deren Wochenarbeitszeit kürzer ist als bei vergleichbaren Vollzeitbeschäftigten (Abs. 1) sowie geringfügig Beschäftigten (Abs. 2). Für die Dauer des Sitzungsdienstes, der in die reguläre regelmäßige Arbeitszeit fällt, werden ehrenamtliche Richter für den Verdienstausfall nach § 18 JVEG entschädigt. Soweit Teilzeitbeschäftigte einen Haushalt für sich und eine weitere Person führen, werden sie für die Zeit außerhalb der regelmäßigen Arbeitszeit für Nachteile bei der Haushaltsführung nach § 17 JVEG entschädigt. Der Anspruch steht angestellten, selbstständigen wie freiberuflichen Teilzeitbeschäftigten unabhängig davon zu, ob sie jeden Arbeitstag stundenweise berufstätig sind oder ihre Teilzeitarbeit auf einzelne Tage im Monat oder in der Woche verteilen und die übrige Zeit für ihre Haushaltsführung vorsehen. Voraussetzung ist nur, dass der ehrenamtliche Richter außerhalb einer Zeit herangezogen wird, in der er regelmäßig einer entgeltlichen Arbeit nachgeht.14 Teilzeitbeschäftigten steht eine Entschädigung nach § 17 JVEG auch dann zu, wenn die Haushaltsführung mit einer anderen Person geteilt wird. Die berufliche Stellung der anderen Person (Vollzeit-, Teilzeit- oder keine Beschäftigung) ist dafür unerheblich,15 soweit der Haushalt überwiegend dem ehrenamtlichen Richter obliegt.16 Empfänger von Erwerbsersatzeinkommen gelten nicht als Teilzeitbeschäftigte, auch wenn sie einer erlaubten weiteren Tätigkeit in Teilzeit nachgehen.

Die Teilzeitkraft verliert ihren Anspruch auf Entschädigung für Nachteile bei der Haushaltsführung, soweit ihr die Kosten für eine notwendige Vertretung zur Entlastung von der Hausarbeit erstattet werden (§ 7 Abs. 1 Satz 2 JVEG). Wenn die Vertretung erst die Anwesenheit des ehrenamtlichen Richters bei Gericht ermöglicht, sind die Vertretungskosten – ggf. anteilig – neben der Entschädigung für Haushaltsführung zu erstatten.

Nach § 5 JVEG werden die tatsächlich entstandenen Fahrtkosten für den Weg von der Wohnung oder Arbeitsstelle zum Gericht und zurück erstattet. Beginnt die Anreise zum Gericht von einem anderen Ort als dem Wohnort (z. B. dem anderen Arbeitsort), werden die Fahrtkosten vom Wohnort aus berechnet; liegt der andere Ort näher am Gerichtsort als die Wohnung, werden nur diese niedrigeren Kosten erstattet. Mehrkosten von dem anderen Ort können erstattet werden, wenn besondere Umstände dies erfordern, z. B. Anreise aus einer Kur oder dem Urlaub. Ein am Ort des Gerichts beschäftigter, aber nicht dort wohnender ehrenamtlicher Richter hat keinen Anspruch auf Erstattung von Fahrtkosten zwischen Wohn- und Gerichtsort, wenn er am Sitzungstag ohnehin seiner regelmäßigen Arbeit nachgegangen wäre. Ist beabsichtigt, von einem anderen Ort anzureisen oder ein teureres Verkehrsmittel zu benutzen, ist der Vorsitzende (ggf. über die zuständige Geschäftsstelle) vorher zu informieren und seine Entscheidung herbeizuführen.

Für öffentliche Verkehrsmittel werden die Kosten der 1. Klasse, ggf. mit Zuschlägen erstattet. Auch für eine Strecke, auf der eine Regionalbahn verkehrt, kann ein zuschlagpflichtiger IC oder ICE benutzt werden; Kosten für Platzreservierung und Beförderung von Gepäck werden erstattet. Ausgaben, die nicht erforderlich sind, werden nicht erstattet (z. B. Mehrkosten durch Nachlösen im Zug). Entstehen für die Anreise keine (Zeit- oder Netzkarte, Deutschlandticket) oder ermäßigte Kosten (Bahn-Card), wird weder der gewöhnliche Fahrpreis erstattet noch der Anteil an den Kosten der Karte.

Für eine Anreise mit dem Pkw werden pro Kilometer 0,42 € erstattet sowie die Parkgebühren. Höhere als die preisgünstigsten Fahrtkosten werden erstattet, wenn dadurch insgesamt Mehrbeträge an Entschädigung eingespart werden oder die höheren Kosten wegen besonderer Umstände notwendig sind. Bei der Bemessung der Wegstrecke ist nicht von amtlichen Entfernungen von Ortsmitte zu Ortsmitte, Wegberechnungsprogrammen oder Routenplanern auszugehen, sondern von der tatsächlich gefahrenen Wegstrecke.17 Diese kann z. B. anhand des Tageszählers im Pkw glaubhaft gemacht werden. Ein angefangener Kilometer ist auf einen vollen aufzurunden. Auch hier sind die Kosten nur glaubhaft zu machen.

Grundsätzlich ist das preisgünstigste Beförderungsmittel zu wählen. Die Wahl zwischen der Nutzung eines öffentlichen Verkehrsmittels oder einem Pkw steht dem ehrenamtlichen Richter jedoch frei. Nach Sparpreisen oder Sonderangeboten muss nicht gesucht werden. In Ausnahmefällen können Taxikosten erstattet werden, etwa gehbehinderten ehrenamtlichen Richtern, denen ein öffentliches Verkehrsmittel nicht zur Verfügung steht und die kein eigenes Fahrzeug haben. Eine Vorabinformation an den Vorsitzenden des Spruchkörpers vermeidet unnötige Diskussionen.

Ehrenamtliche Richter, die nicht innerhalb der Gemeinde, in der die Gerichtsverhandlung stattfindet, wohnen oder arbeiten (sog. auswärtige ehrenamtliche Richter), erhalten nach § 6 JVEG für die Zeit der Abwesenheit von der Wohnung bzw. dem Arbeitsplatz ein Tagegeld, das sich nach § 6 Bundesreisekostengesetz (BRKG) in Verbindung mit § 9 Abs. 4a Einkommensteuergesetz (EStG) bemisst. Das BRKG schränkt die Erstattung insoweit ein, als bei einer nur geringen Entfernung (bis 2 km)18 zwischen der Arbeitsstätte bzw. der Wohnung und dem Gericht das Tagegeld nicht gewährt wird.
Bei einer eintägigen Abwesenheit von mehr als acht Stunden erhält der auswärtige ehrenamtliche Richter 14,00 €. Eine mehrtägige Abwesenheit wird mit 28,00 €/Tag und je 14,00 € für An- und Abreisetag entschädigt. Das Tagegeld ist ein pauschalierter Aufwand.

Andere Auslagen können gemäß § 7 JVEG ebenfalls ersetzt werden, wenn sie notwendig sind. Darunter fallen z. B. Kosten für ein ärztliches Attest zur Entbindung von einem einzelnen Sitzungstag oder einen Reiserücktritt, wenn wegen einer Fortsetzung der Verhandlung eine Urlaubsreise storniert werden musste. Die Auslagen sind dem Grunde wie der Höhe nach darzulegen. Ein konkreter Nachweis ist nur dann erforderlich, wenn die Erteilung von Quittungen und Belegen einer allgemeinen Übung entspricht. Zwei Fälle notwendiger sonstiger Aufwendungen nennt das Gesetz ausdrücklich: die Vertretung und die Begleitperson.

Eine Vertretung ist nicht im rechtlichen, sondern im natürlichen Sinne zu verstehen. Dazu zählt z. B. die Beschäftigung einer Hilfskraft, wenn der ehrenamtliche Richter sein Geschäft ohne eine solche Vertretung nicht geöffnet lassen kann. Neben dem Ausgleich der Vertretungskosten kommt eine Entschädigung für Verdienstausfall nur in Ausnahmefällen in Betracht, da dieser durch die Vertretung gerade vermieden wird. Entstehen für die Mitwirkung am Gerichtstermin besonders hohe Entschädigungskosten für eine notwendige berufliche Vertretung, sind ehrenamtliche Richter verpflichtet, das Gericht unverzüglich über diese Umstände zu unterrichten. Solche Vertretungskosten können, wenn sie aus dem Rahmen fallen, ggf. die Verhinderung des ehrenamtlichen Richters begründen.19

Der – auch zeitweise – behinderte ehrenamtliche Richter darf sich von einer Begleitperson zum Gericht bringen, ggf. dort betreuen und wieder abholen lassen, wenn dies notwendig ist. Einfluss können dabei die jeweiligen äußeren Umstände nehmen. Ein einseitig Oberschenkelamputierter z. B. kann bei normaler Witterung allein zurechtkommen, bei Glatteis aber einer Begleitperson bedürfen.

Auch die ausdrücklich genannte Begleitung bzw. Vertretung ist nicht „notwendig“, wenn die Leistung in Erfüllung einer rechtlichen Pflicht erfolgt. So sind nach § 1619 BGB z. B. Kinder, die dem elterlichen Hausstand angehören und von den Eltern unterhalten werden, verpflichtet, ihnen unentgeltlich Dienste (hier: Vertretung oder Begleitung) zu leisten, sodass eine Entschädigung durch die Justizkasse nicht in Betracht kommt.

Die Entschädigung wird auf Antrag bei der zuständigen Stelle des Gerichts in der genannten Form gewährt. Der ehrenamtliche Richter muss die Tatsachen benennen, nach denen die Entschädigung berechnet wird (Reisebeginn und -ende, Wegstrecke, benutztes Beförderungsmittel, bare Auslagen, Einstellung einer Vertretung usw.). Soweit ein Nachweis erforderlich ist, hat er diesen zu erbringen, ansonsten den Anspruch glaubhaft zu machen. Die Berechnung nimmt die zuständige Stelle vor, die dabei an eine Berechnung in dem Antrag des ehrenamtlichen Richters nicht gebunden ist. Will die Anweisungsstelle die Entschädigung niedriger ansetzen als beantragt, sollte sie den ehrenamtlichen Richter in Kenntnis setzen und die Kürzung begründen. Dieser hat dann die Möglichkeit, den Antrag auf gerichtliche Festsetzung zu stellen. Unstreitige Beträge sind vorab zu überweisen.

Gegen die Entscheidung des Urkundsbeamten kann die gerichtliche Entscheidung beantragt werden (§ 4 Abs. 1 JVEG). Der Antrag kann bis zum Erlöschen des Anspruchs (§ 2 Abs. 1 JVEG) oder dem Eintritt der Verjährung (§ 2 Abs. 3 JVEG) gestellt werden. Zuständig ist der durch die Geschäftsverteilung des Gerichts bestimmte Spruchkörper.

Gegen die gerichtliche Festsetzung ist die Beschwerde zulässig, wenn der Wert von 200,00 € überschritten wird oder das erkennende Gericht die Beschwerde ausdrücklich zulässt (§ 4 Abs. 3 JVEG). Der Beschwerdewert ist die Differenz zwischen dem Betrag, den der Beschwerdeführer begehrt und dem durch die gerichtliche Festsetzung zugesprochenen. Die Beschwerde muss bei dem Gericht eingelegt werden, das über die Festsetzung entschieden hat, solange die Forderung nicht verjährt ist. Ändert das erkennende Gericht seine Entscheidung nicht ab, entscheidet das nächsthöhere Gericht.

Gegen die Beschwerdeentscheidung eines Landgerichts ist die weitere Beschwerde zulässig, wenn es diese wegen der Bedeutung der zu entscheidenden Frage ausdrücklich zugelassen hat (§ 4 Abs. 5 JVEG). Eine Zulassung erfolgt, wenn eine Rechtsfrage obergerichtlich noch nicht entschieden wurde, das Landgericht von der Entscheidung eines anderen Gerichts abgewichen ist oder widersprechende Entscheidungen existieren. Die weitere Beschwerde kann nur darauf gestützt werden, dass die angefochtene Entscheidung geltendes Recht verletzt. Der Beschwerdeführer muss darlegen, welche Rechtsnorm verletzt wird, dass die Entscheidung auf dieser fehlerhaften Anwendung beruht und die angefochtene Entscheidung bei richtiger Anwendung des Rechts für ihn günstiger ausgefallen sein würde.

Alle Anträge und Erklärungen können durch den ehrenamtlichen Richter ohne Mitwirkung eines Bevollmächtigten schriftlich oder zu Protokoll der Geschäftsstelle abgegeben werden. Alle Verfahren sind kostenfrei (§ 4 Abs. 8 JVEG). Auslagen (z. B. für einen Rechtsanwalt) werden nicht erstattet.

Der Anspruch auf Entschädigung kann erlöschen und verjähren (§ 2 JVEG). Ein Anspruch erlischt, wenn der ehrenamtliche Richter bis zum Ablauf der Frist keinen Antrag auf Auszahlung der Entschädigung gestellt hat. Die Frist des Erlöschens beginnt mit der Beendigung der Amtsperiode und endet drei Monate später. Soweit ein Verfahren über das Ende der regulären Amtszeit dauert, verlängert sich die Amtsperiode mit der Folge, dass die Drei-Monats-Frist erst mit dem Ende dieses Verfahrens beginnt. Ist ein Anspruch fristgerecht geltend gemacht worden, kann er nicht mehr erlöschen, aber noch verjähren.

Die Frist der regelmäßigen Verjährung beträgt drei Jahre (§ 195 BGB), beginnend mit dem Ende der Amtsperiode (§ 2 Abs. 1 Satz 2 Nr. 4 JVEG). Während der Amtszeit des ehrenamtlichen Richters können Entschädigungsansprüche also nicht verjähren. Ein Antrag auf gerichtliche Festsetzung und die Erhebung der (weiteren) Beschwerde (§ 4 JVEG) führen zur Hemmung der Verjährung. Diese bewirkt gemäß § 209 BGB, dass der Zeitraum, in dem die Verjährung gehemmt ist, nicht in die Verjährungsfrist eingerechnet wird, d. h. „die Uhr wird angehalten“. Nach Beendigung des hemmenden Ereignisses läuft die Verjährungsfrist weiter. Nach § 204 BGB endet eine Hemmung durch Klageerhebung sechs Monate nach der Beendigung des Verfahrens. Das Beschwerdeverfahren nach § 4 JVEG steht dem Klageverfahren gleich, hemmt also die Verjährung.

Für die Rückforderung der Staatskasse wegen zu viel gezahlter Entschädigungen gilt das über die Verjährungsfristen Ausgeführte im Wesentlichen entsprechend. Die Verjährung beginnt jedoch bereits mit dem Ablauf des Jahres, in dem die zu viel gezahlte Entschädigung ausgezahlt wurde, und endet mit dem Ablauf des darauffolgenden dritten Jahres.

Eine Entschädigung für Verdienstausfall ist nach § 19 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1, § 24 Nr. 1 Buchstabe a EStG zu versteuern, wenn sie als Ersatz für entgangene Einnahmen aus einer nichtselbstständigen Tätigkeit gezahlt wird. Die Sozialabgaben sind für die Versteuerung aus diesem Betrag herauszurechnen. Die Angaben hierzu erhält der ehrenamtliche Richter von seinem Arbeitgeber.

Die Entschädigung für Nachteile bei der Haushaltsführung ist als Einkommen aus sonstiger selbstständiger Tätigkeit zu versteuern. Bei Teilzeitbeschäftigung ist der Teil der Entschädigung für den Verdienstausfall wie das Einkommen zu versteuern, die Entschädigung für Nachteile bei der Haushaltsführung wie sonstiges Einkommen aus selbstständiger Tätigkeit.

Die Entschädigung für Zeitversäumnis ist steuerfrei. Sie stellt keine Entschädigung im Sinne des EStG dar, da sie nicht an die Stelle entgangener Einnahmen aus nichtselbstständiger Arbeit tritt. Die Tätigkeit als ehrenamtlicher Richter und die Entschädigung für Zeitversäumnis stehen in keinem Gegenseitigkeitsverhältnis. Vielmehr sollen ehrenamtliche Richter nur pauschal für die entstandene Zeitversäumnis entschädigt werden.20

Entschädigungen, denen ein entsprechender tatsächlicher Aufwand gegenübersteht, sind nicht zu versteuern, wie etwa der Ersatz der Fahrtkosten oder die tatsächlichen Kosten einer Vertretung.

Nach den Lohnsteuer-Richtlinien 2023 zu § 3 Nr. 12 EStG, Abs. 4 Satz 321 sind bei ehrenamtlich tätigen Personen grundsätzlich alle durch die Tätigkeit veranlassten Aufwendungen dadurch abgedeckt, dass sie eine steuerfreie Aufwandsentschädigung erhalten. Die Entschädigung für Zeitversäumnis deckt die Nachteile ab, die durch die reine zeitliche Abwesenheit vom Arbeitsplatz oder von zuhause entsteht. Bildet sich der ehrenamtliche Richter durch Seminare oder Fachliteratur fort, ist dies ein zusätzlicher Aufwand, der durch die Pauschale von 7,00 €/Std. nicht abgedeckt ist. Diese Kosten können demgemäß mit der Jahressteuererklärung geltend gemacht werden. Die Praxis der Finanzämter ist aber bundesweit höchst unterschiedlich. Auf jeden Fall sollten mit der Steuererklärung entsprechende Belege eingereicht werden. Deshalb sollten sich die ehrenamtlichen Richter eine detaillierte Aufschlüsselung der Entschädigung aushändigen lassen.

Das gegenwärtige Entschädigungsrecht ist einfachgesetzlich nicht mit dem Benachteiligungsverbot des § 45 Abs. 1a DRiG in Einklang zu bringen, das im Übrigen erforderlich ist, um dem gesetzlichen Auftrag gerecht zu werden, alle Gruppen der Bevölkerung zu berücksichtigen. Im Verhältnis beamteter, selbstständiger und abhängig beschäftigter ehrenamtlicher Richter untereinander ist das Gleichbehandlungsgebot ebenso wenig gewahrt wie im Verhältnis der ehrenamtlichen Richter zu anderen öffentlichen Ehrenämtern (z. B. dem Technischen Hilfswerk). Zudem ist zu berücksichtigen, dass beim richterlichen Ehrenamt eine zwangsweise Verpflichtung möglich ist und auf die Zeitgestaltung der Heranziehung so gut wie kein Einfluss besteht. Der Gesetzgeber ist gefordert.


Zitiervorschlag: Hasso Lieber, Entschädigung im richterlichen Ehrenamt, in: LAIKOS Journal Online 2 (2024) Ausg. 1, S. 25-32.

  1. Schneider, JVEG, 4. Aufl., 2021, § 15 Rn. 13 ff.[]
  2. Schneider, JVEG, 4. Aufl., 2021, § 15 Rn. 14.[]
  3. Schneider, JVEG, 4. Aufl., 2021, § 18 Rn. 7.[]
  4. LG Göttingen, Beschluss vom 5.5.2014, Az.: KLs 1/07, RohR 2014, S. 60.[]
  5. Schneider, JVEG, 4. Aufl., 2021, § 18 Rn. 2.[]
  6. LSG Sachsen-Anhalt, Beschluss vom 21.3.2014, Az.: L 1 SV 1/12 B [Abruf: 15.1.2024].[]
  7. Schneider, JVEG, 4. Aufl., 2021, § 18 Rn. 13; KG, Beschluss vom 13.12.2017, Az.: 1 Ws 56/17, RohR 2018, S. 65.[]
  8. LG Lüneburg, Beschluss vom 22.5.2015, Az.: 110 AR 2/15, juris Rn. 21.[]
  9. BAG, Urteil vom 22.1.2009, Az.: 6 AZR 78/08 [Abruf: 15.1.2024].[]
  10. BVerwG, Urteil vom 28.7.2011, 2 C 45.09 [Abruf: 15.1.2024].[]
  11. VG Osnabrück, Urteil vom 23.4.2015, 3 A 102/14, juris Rn. 47.[]
  12. Schneider, JVEG, 4. Aufl., 2021, § 18 Rn. 3.[]
  13. KG, Beschluss vom 29.11.2017, Az.: 1 Ws 27-28/17, RohR 2018, S. 65.[]
  14. KG, Beschluss vom 26.1.2016, Az.: 1 Ws 33.38/14, RohR 2016, S. 24; OLG München, Beschluss vom 19.12.2013, Az.: 4c Ws 1/13 [Abruf: 15.1.2024].[]
  15. LG Bonn, Beschluss vom 26.10.2015, Az.: 29 KLs 410 Js 511/10 01/14 [Abruf: 15.1.2024].[]
  16. OLG Köln, Beschluss vom 29.12.2015, Az.: 2 Ws 797/15, juris Rn. 13 ff.[]
  17. LG Dresden, Beschluss vom 22.6.2005, Az.: 10 O 2618/04, MDR 2005, S. 1260.[]
  18. Allgemeine Verwaltungsvorschrift zum Bundesreisekostengesetz (BRKGVwV), zu § 6 Nr. 6.1.3.[]
  19. OVG Hamburg, Beschluss vom 18.1.2006, Az.: 3 So 67/05 [15.1.2024].[]
  20. BFH, Urteil vom 31.1.2017, Az.: IX R 10/16 [Abruf: 15.1.2024].[]
  21. Richtlinie Aufwandsentschädigungen aus öffentlichen Kassen (§ 3 Nr. 12 Satz 2 EStG) [Abruf: 15.1.2024].[]

Über die Autoren

  • Hasso Lieber

    Geschäftsführender Gesellschafter PariJus gGmbH, Rechtsanwalt, Staatssekretär a. D., Generalsekretär European Network of Associations of Lay Judges, 1993–2017 Vorsitzender Bundesverband ehrenamtlicher Richterinnen und Richter e. V., 1989–2022, Heft 1 Redaktionsleitung „Richter ohne Robe“

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