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Ius in nummis – Die Sammlung Thomas Würtenberger

Von Dr. Johannes Eberhardt, Wissenschaftlicher Mitarbeiter am Münzkabinett der Staatlichen Museen zu Berlin, Stiftung Preußischer Kulturbesitz

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Abstract
Der bedeutenden Neuerwerbung „Ius in nummis. Die Sammlung Thomas Würtenberger“ ist eine Sonderausstellung des Münzkabinetts im Berliner Bode-Museum gewidmet. Die Sammlung wurde über den Zeitraum eines halben Jahrhunderts zusammengetragen und umfasst mehr als 3.000 Objekte – vor allem Medaillen und einige Münzen – mit Schwerpunkt auf der neuzeitlichen Rechtsgeschichte Westeuropas.

The important new acquisition „Ius in nummis. The Thomas Würtenberger Collection“ is the subject of a special exhibition by the Münzkabinett at the Bode Museum in Berlin. The collection was assembled over half a century and comprises more than 3.000 objects, – mainly medals and some coins – with a focus on the modern legal history of Western Europe.

Abb. 1 Ius in nummis – Die Sammlung Thomas Würtenberger
Grafik: Jan Hawemann

Die in der Grafik verwendete Medaille wird mit Abb. 3 als konkrete numismatische Einzelquelle kurz vorgestellt.

Am 27. Januar 2023 überließ der Freiburger Rechtswissenschaftler Professor Dr. Thomas Würtenberger dem Münzkabinett die letzte Partie seiner über 3.000 Medaillen umfassenden Sammlung als Schenkung. Es handelt sich hierbei um den größten zusammenhängenden Bestand von Medaillen mit Bezügen zu Recht, Gerechtigkeit sowie Parlaments- und Verfassungsgeschichte Westeuropas in zunehmend globaler Perspektive. Bis zum 7. April 2024 zeigt das Münzkabinett der Staatlichen Museen zu Berlin, Stiftung Preußischer Kulturbesitz eine aktuelle Sonderausstellung „Ius in nummis“ im Bode-Museum auf der Museumsinsel.


Abb. 2
Marianne Dietz: Thomas Würtenberger, 2022, Ius in nummis 3100, IKMK 18299575
Foto: Franziska Vu

Die bislang jüngste Kunstmedaille der Sammlung Würtenberger wurde 2022 geschaffen. Sie porträtiert den Schenker der Sammlung „Ius in nummis“ an das Münzkabinett.

„Ius in nummis“

Ius, das Recht, regelt das Zusammenleben der Menschen, prägt ihre Geschichte, Gegenwart, Kultur. Nummusī, m. bezeichnet Münzen und damit eine Form des Geldes. Ferner hat es sich bewährt, auch eine verwandte Objektgruppe unter diesen Begriff zu fassen: die Medaille. Für die Rechtsgeschichte und Rechtsarchäologie bietet sie eine ergiebige Primärquelle. Von Moses bis zu den Menschenrechten eröffnet sich ein weites Panorama insbesondere der Inszenierung von Recht. Trotz dieses Potenzials blieben Medaillen als rechtshistorische Quellen lange Zeit kaum beachtet. Diesem Desiderat zu begegnen und Medaillen mit rechtshistorischen Bezügen systematisch zusammenzutragen, zugänglich zu machen und auszuwerten, war der Ansatz zweier bedeutender Sammlungen.

In der Weimarer Zeit hatte Guido Kisch (1889–1985) eine große Anzahl von Rechts- und Gerechtigkeitsmedaillen zusammengetragen, musste aber vor seiner Emigration in die USA den Verlust eines substanziellen Teils seiner Sammlung erleiden. Er ist Verfasser des Standardwerks „Recht und Gerechtigkeit in der Medaillenkunst“ aus dem Jahr 1955. Seit 2007 befindet sich die nach dem Zweiten Weltkrieg neu zusammengetragene Sammlung Guido Kisch im Umfang von etwa 1.000 Objekten im Besitz der American Numismatic Society.

Ende der 1960er-Jahre entschloss sich der Freiburger Strafrechtslehrer, Rechtsphilosoph und Kriminologe Professor Dr. Thomas Würtenberger (1907–1989), Medaillen mit rechtshistorischen Bezügen zu sammeln. Seine engen Kontakte zu seinem Baseler Kollegen Guido Kisch gaben hierzu den letzten Anstoß. Seit 1989 setzte Professor Dr. Thomas Würtenberger (geb. 1943) die Sammlung seines Vaters mit dem intensivierten Ziel einer Generalsammlung fort.

„Die Sammlung Thomas Würtenberger“ im Münzkabinett der Staatlichen Museen zu Berlin, Stiftung Preußischer Kulturbesitz

Das Münzkabinett hat es sich zur Aufgabe gesetzt, die Sammlung Würtenberger zu verwahren und in seinem Interaktiven Katalog (ikmk.smb.museum) zugänglich zu machen. Die seit 2020 laufende digitale Erfassung ist die Voraussetzung der ersten systematischen Erschließung dieses Kulturguts. Weiterführend geht es nicht zuletzt um die Erkenntnispotenziale numismatischer Quellen für die Rechtsgeschichte.

Abb. 3 Abraham Abramson: Frieden von Amiens, 1802, Vorderseite, Ius in nummis 638, IKMK 18280293
Foto: Johannes Eberhardt

PAX – RESVSCITAT – IVSTITIAM, „Der Friede ruft die Gerechtigkeit wieder auf den Plan“ – Abraham Abramsons Medaille befindet sich inhaltlich und chronologisch in medias res der Sammlung „Ius in nummis“. Ein Berliner Medailleur bearbeitet europäische Themen in einer Zeit, kurz bevor der Code civil eingeführt wurde. Die Antike lebt auch in der Medaillenkunst weiter, während die Welt wie stets im Wandel ist.

Von der Sammlungsübergabe bis zum Ziel der digitalen Veröffentlichung mit Ausstellung und Begleitband werden im Münzkabinett seit 2020 von Kuratoren, Restaurator, Fotografen, studentischen sowie ehrenamtlichen Mitarbeitern tausende Arbeitsstunden investiert. Zu den wichtigsten Personen, die diese Ausstellung ermöglicht haben, zählt nicht zuletzt der Sammlungsschenker selbst.

Abb. 4 Thomas Würtenberger erläutert seiner Familie die Sammlung „Ius in nummis“, deren letzte Stücke im Januar 2023 dem Münzkabinett übergeben wurden.
Foto: Franziska Vu

In der weltweit ersten Ausstellung zu Recht und Gerechtigkeit in der Medaillenkunst stellt das Münzkabinett die Fragestellung der Sammlung vor. Über 170 Objekte fokussieren jeweils eigene Perspektiven auf Entstehung und Funktion von Rechts- und Verfassungsstaat im Medaillenrund.

Medaillen als Quellen zur Konstitutionalisierung Großbritanniens, Frankreichs und Deutschlands stehen im Zentrum der Ausstellung. Dieses Segment ist eingebettet in die Fülle weiterer Themen von „Ius in nummis“: Justitia und Juristen, goldene Regeln und Sinnsprüche, Praktiken wie Gesetzgebung, Rechtsberatung, Rechtsdurchsetzung und Wahlen sowie weitere Strukturen, etwa Gerichtsbarkeit und Parlamente. Ein Blick auf die Internationalisierung von Rechtskultur im Medaillenrund bildet das Finale dieses Sammlungsüberblicks. Eine eigens für die Ausstellung ins Leben gerufene Edition des Berliner Medailleurkreises fragt: „Wie lassen sich Fragen von Recht und Gerechtigkeit auf Medaillen im 21. Jahrhundert darstellen?“ und besonders „Was geht uns das Thema Recht heute an?“ Die Arbeiten berühren damit aktuelle Diskurse zu Recht und Gerechtigkeit.

Die Ausstellung wird von der Numismatischen Gesellschaft zu Berlin e. V. gefördert. Ein Begleitband zur Ausstellung ist in Vorbereitung.

Abb. 5 Ansicht des Ausstellungsraums am Eröffnungstag von „Ius in nummis“
Foto: Franziska Vu


Zitiervorschlag: Johannes Eberhardt, Ius in nummis – Die Sammlung Thomas Würtenberger, in: LAIKOS Journal Online 1 (2023) Ausg. 2, S. 65-66.

Über die Autoren

  • Dr. Johannes Eberhardt

    Wissenschaftlicher Mitarbeiter am Münzkabinett der Staatlichen Museen zu Berlin, Stiftung Preußischer Kulturbesitz. Betreuung der Bestände der Neuzeit seit der Renaissance. | Foto: © Staatliche Museen zu Berlin / Juliane Eirich

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