×

M. Elsberg: Der Fall des Präsidenten

Beitrag als PDF-Version

Marc Elsberg: Der Fall des Präsidenten. Thriller. München: Blanvalet 2021. 605 S. ISBN 978-3-7645-1047-3, € 24,00

Flughafen Athen. Als der amerikanische Ex-Präsident Douglas Turner das Flugzeug verlässt, um in Athen einen Vortrag zu halten, wird er aufgrund eines Haftbefehls des Internationalen Strafgerichtshofs (International Criminal Court, ICC) festgenommen und in ein griechisches Gefängnis gebracht. Die Anklage lautet auf Kriegsverbrechen während seiner Amtszeit. In kürzester Zeit rast ein Handy-Video, das bei der Festnahme aufgenommen wurde, durch die sozialen Netzwerke. In den USA befindet sich der amtierende Präsident Arthur Jones gerade im Wahlkampf. Obwohl er der anderen Partei angehört, gilt sofort die Devise: America first. Das kann sich die selbsternannte Führungsnation der westlichen Welt nicht bieten lassen. Von der diplomatischen Offensive über Sanktionen gegen die Mitglieder des ICC, Drohung mit Boykott und Austritt aus der NATO wird die gesamte Klaviatur internationaler Machtpolitik gespielt. Sogar die gewaltsame Befreiung des Ex-Präsidenten wird vorbereitet. Schnell wird klar, dass der ICC eine Festnahme und die Einleitung des Strafverfahrens nicht leichtfertig unternimmt. Irgendwo sitzen Informanten – neudeutsch: Whistleblower – mit belastendem und belastbarem Material.

Auf dem Handy-Video ist nicht nur die Festnahme zu sehen. Dana Martin ist im Auftrag des ICC an der Aktion beteiligt; sie bringt den Festgenommenen in das griechische Gefängnis. Als sie eine Flut von Anrufen und elektronischen Nachrichten von Familie, Freunden, Bekannten und Wildfremden bekommt, ist ihr klar, dass ihre Beteiligung ebenfalls rund um die Welt geht. Auf dem Video ist sie deutlich zu erkennen. Selbst die Kommentare Nahestehender sind nicht von überwältigender Freundlichkeit. Drei Personen stehen jetzt im Mittelpunkt eines ebenso gut recherchierten wie rasant geschriebenen Romans. Dana als Vollzugsperson des ICC, der Whistleblower, der als Student zufällig an ein brisantes Gespräch des Ex-Präsidenten gekommen ist, und der Ex himself. Ähnlichkeiten mit lebenden Personen sind sicherlich nicht zufällig. Aber kann nach einer Präsidentschaft von Donald Trump durch die Fantasie eines Fiction-Autors noch etwas getoppt werden? Es kann – wie Elsberg eindrücklich unter Beweis stellt. Ist das Verfahren durch Macht, Drohung und Gewalt zu verhindern? Haben die beteiligten Politiker und Juristen das Stehvermögen, sich einer Weltmacht zu widersetzen? Das Ende des Romans kennzeichnet eine Etappe, nicht das Ziel. Es steht zu erwarten – und zu hoffen – dass der Autor die Fortsetzung bereits im Kopf hat. Die Wirklichkeit ist so weit nicht weg. (hl)

Zitiervorschlag: Hasso Lieber, M. Elsberg: Der Fall des Präsidenten [Rezension], in: LAIKOS Journal Online 1 (2023) Ausg. 1, S. 47.

Über die Autoren

Copyright © 2025 laikos.eu